5/8 III. 15.

Liebes Frl. Pfaadt!
Um jeden Zweifel zu heben bezw. jeglicher falschen Beurteilung vorzubeugen, sehe ich mich veranlaßt, Ihren w. Brief sofort zu beantworten. Mein Reichtum an Pulswärmern pp. stammt nicht nur von unbekannten zarten Frauenhänden, Sie müssen auch bedenken, daß ich noch Angehörige habe, die mich in dieser Hinsicht wirklich nicht vernachlässigt haben. Sie waren also auf gänzlich falscher Fährte. Um Vergebung brauchen Sie mich nicht zu bitten(!), lieben kleinen Mägdelein verzeiht man gerne!! -
Aachen interessiert mich, weil es einmal Kurort, ferner nahe der Grenze Hollands bewz. „Neu-Deutschlands“ liegt, eine wunderbare Wald- und an Bergen reiche Umgebung aufweist, sowie nicht allzuweit von Cöln & Düsseldorf ist. Die Eifel, den Rhein – alles kann man bequem & schnell erreichen & schließlich würde sich eine Fahrt nach Ostende u. Spaa auch wohl noch lohnen. Dies aber alles – erst nach dem Krieg & nach glücklich beschiedener Heimkehr. Sie dürfen sich ja schon eher solchen Illusionen hingeben, aber wir armen Pioniere, die beinahe dauernd in der Luft herumfliegen & als Flieger ausgebildet werden (der Franzmann sprengt uns in letzter Zeit nur noch in die Luft!!), sollten damit noch garnicht rechnen. Und trotz alle dem werden in dieser Hinsicht hier draußen im Feld allerlei Zukunftspläne geschmiedet. So manchem von uns sind sie ja schon ins Wasser gefallen, das stört uns aber weiter nicht in unsern Gedanken; es wird weiter geschmiedet.
Heute (8. III.15) hab ich auch eine meiner Aufnahmen gesehen, Sie brauchen sich nun nicht zu wundern, wenn ich Sie eines guten Tages damit überrasche. Der gute Mann hat mir erst ein Bild mitgebracht, das zweite erhalten Sie. Allerdings bin ich tout seul (dazu sind die Platten zu rare), mit meinem Feldwebel u. noch einen Gefreiten bilden wir ein Trio.
Also – auf Wiedersehen
per Bild
Ihr Walter Wittenhagen