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Brief (Transkript)

Familie K. aus Dresden an Familie M. nach Aachen am 12.01.1981

 

Dresden, 12.1.81

Meine lieben vier M.s!

Nun sind schon wieder 3 Wochen vergangen seit ich Euch einen ausführlichen Brief versprach. Dabei liegt so viel Post von Euch vor mir, daß ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll! Doch ich muß zuerst zu meiner Entschuldigung sagen, daß es mir die ganzen Wochen gesundheitlich nicht gut ging. Scheinbar bin ich seit der Erkältung während meiner Westreise im September für Ansteckung sehr empfänglich; denn das Wetter war bei uns immer so, daß bei mir an Frieren oder kalte Füße gar nicht zu denken war.
18.1.81 Wie Ihr seht, ging’s am 12. nicht weiter, ich weiß nicht mehr, was mir dazwischen kam. Doch nun hat sich inzwischen meine Erkältung, die schon mehr eine Grippe war, verzogen. Nur ein Hexenschuß machte mir noch einige Tage zu schaffen. Inzwischen werden wohl auch unsere Geburtstagsgrüße für Karl-Heinz rechtzeitig eintreffen.
Doch nun zu all dem, wofür wir Euch zu danken haben. Daß Du, liebe Elisabeth, so fleißig „Sekretärin“ spielst und uns so ausführlich von Euch berichtest, darüber freuen wir uns sehr und danken Dir besonders dafür. Alle Eure Briefe – vom 2.12., 16.12., 17.12. und 25.12. – sind angekommen. Auch Dir, lieber Karl-Heinz, herzlichen Dank für Deine lieben Zeilen, ich habe vollstes Verständnis dafür, daß Du keine Zeit für lange Briefe hast. Es ist ja so schön, daß Deine liebe Frau gern schreibt. Und Dir, liebe Rodena, vielen Dank für den schönen gemalten Weihnachtsbaum und das große Herz. Daß Euer großes Paket wenige Tage vor dem Fest in bestem Zustand eintraf, habe ich Euch ja mitgeteilt. Du hast recht, liebe Elisabeth, Pakete auspacken ist etwas sehr Schönes, zumal wenn alles so liebevoll verpackt ist und wenn so viele leckere Sachen zum Vorschein kommen. Eine besonders weihnachtliche Freude waren natürlich der gute Printenmann und die leckeren weichen Printen. An dem guten Apfelgelee erfreut sich Vati jeden Morgen und Peter und ich lassen uns den prima Brombeergelee „aus eigener Ernte“ gut schmecken. Auch das Orangengetränk schmeckt uns vorzüglich. Besonderen Dank auch für das schöne Frottituch (hier zur Zeit eine Rarität!) und für die Bemühungen um die Christbaumkerzen, die uns natürlich über die Weihn.-Zeit sehr erfreut haben. Also, Ihr Lieben, nochmals ganz herzlichen Dank für alles!!
Alle Feiertage einschl. Vatis Geburtstag haben wir drei zusammen daheim verlebt. Peter hatte vom 24.12. bis 5.1. frei bzw. noch ein paar Tage Urlaub, die er sich immer für diese Zeit aufhebt. Zu essen hatten wir auch recht gut: Weihnachten eine Gans, die mir recht lecker geraten wir (Peter und ich erfreuen uns jetzt noch an Gänsefett-Schnitten) und zu Silvester einen dicken Karpfen. Für das nötige Drumherum hatten unsere Lieben in Aachen, Lüdenscheid und Köln durch Konserven gesorgt. Für Abwechslung sorgten einige gute Filme und sehr schöne Sendungen mit weihnachtlicher Musik im Fernsehen, auch Peter mit guter Musik per Schallplatte oder Tonband, oder es wurde mal ein Stündchen Skat gespielt. Das Lesen kam natürlich auch nicht zu kurz besonders bei unserer Leseratte Peter. Leider waren auch meine beiden Männer gesundheitlich nicht recht auf dem Posten. Peter hatte sich für etliche Tage einen tüchtigen Hexenschuß zugelegt. Aber am schlimmsten hat es unseren Vati erwischt. Er doktert seit nunmehr 5 Wochen an heftigen Schmerzen im rechten Arm, die er sich durch eine Überanstrengung geholt hat: Wir bekamen im November beim dicksten Schnee Kohlen, Peter hatte den Weg zum Kellerfenster freigeschaufelt, mußte aber dann auf Arbeit. Vati meinte aber dann, es müßte noch gestreut werden und schleppte 2 Eimer feuchten Sand. Ja, auch 81-Jährige sind noch leichtsinnig und trauen sich zu viel zu. Nun ist es ja ein Jammer, daß unser alter guter Hausarzt nicht mehr praktiziert, zu dem wäre er schon gegangen. Aber zu dem jetzt für uns zuständigen Arzt in der Poliklinik hat er nicht viel Zutrauen. Ich hoffe, daß die Einreibungen mit der Zeit doch helfen.
Übrigens Fernsehen: Unseren guten Farbfernseher hätten wir beinahe über die Feiertage nicht gehabt. Am 6.11.80 gab er plötzlich einen heftigen Knall von sich – aus! Natürlich 10 Minuten vor Ende eines Krimis, als wir noch nicht wußten, wer der Mörder war! Der Apparat mußte in die Werkstatt, die nicht etwa ein Fahrzeug zum Abholen und Bringen hatte, sondern wir mußten ein Gütertaxi besorgen. Bescheid wegen der Dauer der Reparatur: „Sie bekommen eine Karte!“ Peter fragte mehrmals telefonisch an, immer der gleiche Bescheid. Schließlich am 22.12. (nach 6 Wochen!) versuchte es Peter nachmittags nach seiner Arbeit noch einmal und siehe: „Ja, Ihr Apparat ist fertig, aber letzte Abhole-Möglichkeit vor dem Fest ist morgen von 7-12 Uhr.“ Natürlich war für den Vormittag kein Gütertaxi zu haben. Peter opferte einen Arbeitstag und trieb schließlich einen Bekannten auf, der für Geld u. gute Worte den Transport übernahm. Die von der Werkstatt versprochene Karte wäre wahrscheinlich erst in diesem Jahr eingetroffen – das ist Kundendienst!!
Doch es gibt auch Erfreuliches: Unsere Staatskapelle unter Herbert Blomstedt bescherte uns am 18.12.80 mit dem Anrechtskonzert ein richtiges Weihnachts-Geschenk. Da gab es erst von Bach eine Ouvertürensuite, dann von Joh. Gottl. Naumann (1741-1801) ein „Te Deum“ für Chor u. Orchester und von Arthur Honegger (1892-1963) eine Weihnachtskantate für Baritonsolo, Kinderchor, gemischten Chor, Orgel und Orchester. Das ganze Konzert war ein Erlebnis, von dem ich lange zehren konnte.
So, meine Lieben, jetzt muß ich Schluß machen, es ist schon Mitternacht, die Hand tut weh, und der Brief soll morgen endlich fort. Bleibt Ihr alle Vier im neuen Jahr recht gesund und seid aufs herzlichste gegrüßt von
Eurer Tante Hanni.

Ihr Lieben!
Ueber Euer Gedenken an meinen 81sten habe ich mich sehr gefreut, und ich danke Euch bestens für die guten Wünsche, die Ihr mir zugedacht habt in der Hoffnung, daß sie in Erfüllung gehen. Auch ich möchte mich besonders für die speziell für mich zugesandten Weihnachtsgaben herzlichst bedanken, die mich noch lange an Eure Güte erinnern werden. – Euch allen liebe Grüße.
Euer Onkel Martin.

Auch von Peter beste Grüße, ein Brief von ihm an Georg folgt.

 

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