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Brief (Transkript)

Volkmar S. aus Pirna an Diethelm nach Westdeutschland am 17.06.1951

 

P i r n a , den 17.Juni 1951

L i e b e r D i e t h e l m !

Endlich komme ich dazu, Deinen ausführlichen Brief und damit das erste Lebenszeichen überhaupt in diesem Jahr zu beantworten.
Mit tiefem Bedauern verfolgte ich Deinen Weg.
Wie gut habe ich es doch dagegen!
Esnwäre Dir vielleicht auch leichter gewesen, wenn Du ein Handwerk als Beruf hättest und Dich nicht immer auf die Arbeit im Wald versteifen würdest.
Meiner Absicht , Dich im Sommer dieses Jahres zu besuchen, konnteich bisher noch nicht nachkommen.
Im August fahre ich mit nach Berlin und anschließend in Ferien an die Ostsee. Für den 1.August werde ich kündigen. Ich habe ein klein wenig Hoffnung, daß ich ab 1.September noch einmal zum Schulbesuch komme. Wenn nicht, werde ich mir irgendwo in einem größeren Betrieb Arbeit suchen, um in meinem Beruf endlich weiterzukommen. Ich bewarb mich schon in einem volkseigenen Karosseriebau-Betrieb in Dresden. Aber sie stellten niemand ein.
Fast drei Jahre bin ich nun schon bei Wünsche u.Stäps. Mein Chef hätte mich ja gern als Schwiegersohn, aber ich kann mich nicht an ihn gewöhnen und bin mir auch für seinen Kuli zu schade. Mit Anita ist es so ziemlich aus.
Du beneidest mich um meine Ruhe und meine Sächsische Schweiz! Da bist Du sehr auf dem Holzweg. Seit Ostern habe ich die Schrammsteine auch nicht von weitem gesehen.
Zum Paddeln komme ich überhaupt nicht mehr. Heute war ich erst das dritte Mal in diesem Jahr für eine Stunde auf dem Wasser. Das hat seinen Grund ersten-s in der Gartenarbeit, die ja nur auf meinem Vater und mir lastet und zweitens in meiner neuerdings aktiven Mitarbeit in der FDJ.
Da ist jeden Abend etwas anderes los. Meine Eltern schimpfen schon, daß ich nie vor 23.30 nach Hause komme.
Aber wenn man einmal in der Qlique drinne hängt, macht man auch allen Quatsch mit. Nach dem Gruppenabend oder irgendeiner anderen Veranstaltung ist es Sitte, daß man noch in das Volkshaus geht und das traditionelle Eis ißt.
Manchmal leisten wir uns auch Extravaganzen, fahren Sonntags nachmittags mit den Rädern in die Umgebung und veranstalten auf dem Markt mitternächtliches Kunstradfahren.
Eigentlich müßte man über die ganzen Kinkerlitzchen erhaben sein, aber das Beispiel der anderen reißt mit und man fühlt sich wieder 5 Jahre jünger.
Die Disziplin bei den Gruppenabenden läßt noch sehr zu wünschen übrig. Ich freue mich aber über die Suberkeit im Verhalten von Junge zu Mädel. Trotzdem wird gescherzt.
Über die Gründe meines Eintritts in die FDJ brauche ich Dir wohl keine Rechenschaft ablegen.
Wie denkst Du über die Teilnahme an den Weltfestspielen?
Es sollen ja auch die nichtorganisierten Jugnedlichen daran teilnehmen. Für uns kostet die Hin- und Rückfahrt mit 5Tagen Aufenthalt 20,-DM.
Für heute schließe ich mit den herzlichsten Grüßen!

 

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