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Brief (Transkript)

Günter B. aus Essen an Helmut C. nach Ludwigslust am 29.11.1971

 

Günter B. 43 Essen 15, den 29. Nov. 1971
[Straße und Hausnummer]


Lieber H e l m u t ,

es wird wirklich höchste Zeit, daß ich wieder mal von mir hören lasse, nachdem von Dir mehrere Lebenszeichen eingegangen sind, auf die ich noch nicht geantwortet habe. Da ist zum Beispiel die Karte aus Teterow vom 1.7., mit der Du meinen Brief vom 28.4. und eine Urlaubskarte vom 8.6. aus Braunlage quittiert hast. Daß Ihr an dem Tag die ersten Sonnenstrahlen im Urlaub begrüßen konntet, deckt sich auch mit unseren Erfahrungen. Praktisch ist unser ganzer Urlaub im Harz im Juni kalt und regnerisch verlaufen, und es wurde erst dann – und dann auch nachhaltig – wieder besser, als wir zurückgekehrt waren.
Die Zeitungsausschnitte (aus dem „Straßenverkehr“ und der Regionalzeitung mit der Behandlung von Verkehrsproblemen in Ludwigslust und auch die „Husaren in Ludwigslust“) haben mich sehr interessiert und die Offenheit einer mir in Erinnerung gebliebenen Glosse über die Misere in der Beschaffung von Zündkerzen für den Trabant war sogar recht eindrucksvoll.
Sehr ärgerlich, daß hiergegen Zeitungsausschnitte von mir der Beschlagnahme durch die Zollverwaltung in Schwerin zum Opfer gefallen sind, obwohl sie sicherlich nicht geeignet waren, den Staat in seinen Grundfesten zu erschüttern. Hoffen wir in der Hinsicht auf eine Zukunft, die sich gegenwärtig ja in etwas freundlicherem Licht abzuzeichnen scheint.
Da Du im Augustbrief nochmals auf Euren Urlaub in Teterow zu sprechen gekommen bist, möchteich nachträglich hoffen, daß er gugetan hat, vor allem auch Deiner Frau, von der Du ja auch gewisse Schwierigkeiten und Beeinträchtigungen berichtet hast.
Nachrichten über die Versorgungslage haben wir auch von anderer Seite erhalten, so einem Onkel meiner Frau aus Weißensee/OL, der als Rentner in diesem Herbst ausreisen durfte und auch einige Zeit bei uns verbracht hat.
Den Empfang meines Päckchens hast Du mit Deinem Brief vom 7.10.1971, für den ich ebenfalls bestens danke, bestätigt. Datteln habe ich damals in der Eile auch nicht auftreiben können, da sie eher zum weihnachtlichen Gabentisch gehören und dann auch in Mengen vorhanden sind.
Inzwischen ist auch Deine Briefkarte vom 21. November eingetroffen (wie immer mit sehr hübschen Sonderbriefmarken, für die ich ebenfalls danke). Es freut mich, daß Deine Frau den Behandlungsabschnitt in der Schweriner Klinik inzwischen hinter sich hat und es ihr doch offenbar allmählich besser geht. In den nächsten Tagen werde ich wieder ein Päckchen (diesmal mit Datteln) abfertigen und dabei Deinen Wünschen auch in den anderen Punkten nachkommen. Daß die Bosch-Kerzen im Isolierkörper geplatzt sind, wundert mich insofern, als man hiervon doch sonst nirgendwo etwas hört. Ich könnte mir beinahe denken, daß man die Ursache für den Ausfall irgendwo im Motor suchen muß. Diesmal schicke ich BERU-Kerzen mit, denen von Haus aus aber eigentlich kein besserer Ruf vorausgeht. Darüber, daß Ihr gegenwärtig nicht so recht wißt, was Ihr von Ost nach West schicken könntet, brauchst Du Dir wirklich keine grauen Haare wachsen zu lassen. Du magst durchaus recht mit der Vermutung haben, daß viele Waren aus der DDR-Produktion an unsere Großkauf- und Versandhäuser Quelle, Neckermann usw. abgehen.
Wir haben ein recht bewegtes Jahr hinter uns, mit lebhafter, im wesentlichen allerdings geschäftlicher Reisetätigkeit. Einmal sind wir auch wieder für ein paar Tage in Paris gewesen. Geschäftlich war es mehrere Male nach Schweinfurt (zuletzt mit dem Sohn des Chefs in einem ebenfalls sehr heißen Ofen, einem BMW 2002 TJJ mit 130 PS), im Oktober auch einmal nach Friedrichshafen gegangen.
Anfangs September hat mein Sohn geheiratet. Die beiden jungen Leute sind dabei uns hinter unserem Rücken kurzerhand zu Oma und Opa zu befördern. Sie ist Stationsschwester!
Man müßte über alles dies und noch vielmehr einmal reden können. Hoffen wir weiter.

Für heute wünsche ich Deiner Frau und Dir, natürlich auch im Namen meiner Familie alles Gute, vor allem Gesundheit, sodann frohe, ungestörte Feiertage und ein glückliches neues Jahr.


Herzliche Grüße

Dein Günter

 

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