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Brief (Transkript)

Helmut C. aus Ludwigslust an Günter B. nach Essen am 06.05.1970

 

Ludwigslust 6.5.70

Lieber Günter!
Meinen „Mini“-Brief v. 24.4. dJ. mit Bestätigung Deiner Briefe vom 8. und 17.4. dJ., sowie Päckchen (mit Kerzen etc.) hast Du erhalten? Ja, mein Lieber, das waren harte Wochen, insbesondere für meine Frau.
Ich berichte chronologisch: Nach den üblichen und notwendigen Voruntersuchungen stand einer Operation nichts mehr im Wege, die dann auch Komplikationslos verlief. Danach die „üblichen“ 3-5 üblen Tage + Nächte! Dauerkatheter sollte 12 Tage liegen bleiben. Am 9.Tag (ein Sonntag-Vormittag) beim Stuhlgang-Pressen erwischte mich eine Lungenembolie (d.h. zunächst bestand der Verdacht auf einen Herzinfarkt), ja, und das war gelinde ausgedrückt, für alle Beteiligten wenig erfreulich! Schwerste Atemnot + -Beschwerden, das Herz ging wie [?], jedenfalls sehr schnell, und es hiess also abwarten, was wird. Offenbar war ich, wie vor 25 Jahren, aber noch nicht dran, denn peu à peu wurde es besser. Der Katheter kam schliesslich raus, und das Wasser rauschte wieder zur Zufriedenheit, bis heute und hoffentlich auch noch länger! Einige ungewisse Tage mussten wir nach der Operation überstehen, bis das histologische Untersuchungsergebnis vorlag: Kein Anhalt für Carcinome o.ä., also eine Sorge weniger. Schliesslich konnte meine Frau mich am 2. d. Mts. nach Hause holen, und wenn ich bis dahin schon 1. Klasse betreut wurde, jetzt ist es Sonderklasse! Sie hat aber dringend Erholung nötig und so sind wir recht solide, in allen Dingen!! Ich hatte so 8-10 [Pfund] abgenommen! Wenn keine weiteren Komplikationen, hoffe ich Anfang Juni langsam wieder anfangen zu können. Inzwischen sehen wir uns nach einigen Urlaubsmöglichkeiten Anfang September irgendwo an der See, so völlig ruhig, um, und das ist bei unseren unzulänglichen Möglichkeiten fast aussichtslos! Leningrad haben wir nun zum 3. Mal abbestellt, einmal der Strapazen wegen. Und pecunicae causa (kriege doch nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit nur das ½ Gehalt = ca 750,- !, und da können wir nicht kostspielige Auslandsreisen finanzieren, zumal allmählich für den nächsten „Wartburg“ gespart werden muss). –
Der „Auto-Test“ ist hochinteressant! Ich hatte übrigens in meinem San.Komp.-Chef-Wagen = Matfond auch einen V8-Motor, 3-Gang-Vorwärts-Getriebe und der fuhr stundenlang im 1 Gang lautlos im Winter über die div. Knüppeldämme unseligen Angedenkens! Kann mir gut vorstellen, dass das Wägelchen mit 6,3 l auch mir gefallen könnte! Nun, ich wäre schon mit einer guten Automatik so um 1,5 – 1,7 l zufrieden. –
Hatte übrigens während des Krankenlagers Gelegenheit einen Roman von Clemens Laar: „Meines Vaters Pferde“, ein Buch für ausgesprochene Pferde-Freunde, zu lesen, hat mir gut gefallen. Ist übrigens der Autor von: „Reitet für Deutschland“, mit Birgel 1935 verfilmt. Ich weiss nicht, ob Du Dich für so wenig PS auch interessierst? (Ich war ja als Bat.arzt bei der Infanterie „zwangsweise“ beritten.) –
Heute nichts über die Politik; sie macht überall Fortschritte, nur nicht gute! (Die Nonsens –Wetterkarte im TV – hat man wohl stillschweigend – endlich! – verändert!) –
So lieber Günter, das wäre es für heute, und Du siehst, dass auch Medici nicht, oder gerade nicht, wie manche meinen, gegen üble Komplikationen gefeit sind.
Ich verbleibe mit herzlichen Grüssen, auch von meiner Frau, an Dich und die Deinen,
Dein Helmut.

PS Evtl. wird Dich ein Herr S., der, ca 70 Jahre alt, Pfleger auf meiner Privat-Station, dessen Sohn in Essen wohnt, Ende Mai-Anfang Juni: kurz besuchen; kann erzählen, wie er mich in jeder Weise betreut hat etc.

 

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