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Brief (Transkript)

Familie F. aus Salzkotten an Familie H. nach Leipzig am 02.02.1982

 

Salzkotten, den 2.2.1982

Liebe Frau H., lieber Herr H.!

Wir möchten uns recht herzlich für Ihren lieben Brief vom 10.1.82 bedanken. Mit unserem Weihnachtspaket an Sie hoffen wir, daß wir das Richtige getroffen haben. Bei uns bestehen immer wieder Zweifel, ob unsere Sendungen in die DDR den richtigen Inhalt haben. Mit Ihrem Buch „Althochdeutsche Literatur“, lieber Herr H., haben Sie mir eine sehr große Freude bereitet. Ich habe mir früher aus antiquarischen Beständen „Älteste deutsche Dichtungen“, übersetzt und herausgegeben von Wolfskehl und von Friedrich von der Leyen, besorgt. Beide Bücher sind aber in vielem nicht deckungsgleich. Sie haben also schon das Richtige getroffen. Antiquarische Bücher mit speziellem Inhalt sind hier oft sehr teuer. Für Neuauflagen ist oft nicht der entsprechende Käuferkreis vorhanden. Für moderne Wissenschaften ergibt sich ein sehr viel größerer Käuferkreis. Ich bin 1965 der „Wissenschaftlichen Buchgesellschaft“ in Darmstadt beigetreten in der Hoffnung, eine gute Bezugsquelle der zur Auswahl stehenden Bücher zu haben. Dort stehen aber teilweise Bücher jetzt schon 15 Jahre zur Subskription. Obwohl die Buchgesellschaft zwar nicht repräsentativ ist für das umfangreiche Bücherwesen hier im Lande, vermittelt sie aber doch einen kleinen Einblick in das Angebot. Qualitativ hat sie im letzten Jahrzehnt gewisse Einbußen erlitten. Meine Frau und ich haben eine 4tägige Reise vom 18.3.-21.3. nach Dresden und in die Sächsische Schweiz gebucht, die in unserer Tageszeitung angeboten wurde. Es ist eine Bahnreise. Falls es Sie interessieren sollte, würde ich Ihnen den Jahreskatalog 1981 der Gesellschaft mit mehreren tausend Titeln mit nach drüben nehmen und ihn Ihnen von Dresden aus zuschicken. Ich bin allerdings nicht sicher, ob ich mich letztlich traue, denn Literatur mitzunehmen, ist ja untersagt.
Die Lösung vom Beruf durch den Eintritt in den Ruhestand war innerlich für mich kein schmerzlicher Prozeß, da ich mir für die Zukunft allerlei vorgenommen hatte. Leider waren die beiden letzte Monate des alten Jahres insofern schwierig, als mein Nachfolger nicht, wie beabsichtigt, 2 Monate vorher zur Einarbeitung zur Verfügung stand. Das Ende trägt zwar immer die Last. Der Übergang war aber für mich, vom Beruf her gesehen, mehr als lästig. Sie werden fragen, was ich jetzt tue. Der große Druck, der ein Leistungsdruck war, ist gewichen. Meine jetzige Situation hat aber noch keine neuen Konturen gezeigt. Privat habe für die Zukunft noch sehr viel aufzuarbeiten. Ich hoffe aber, daß sich im Laufe des Jahres vieles einpendeln wird. Gesundheitlich bin ich schon seit Ende des vorigen Jahres auch nicht auf der Höhe.
Lieber Herr H., Sie nehmen in Ihrem Brief zur wirtschaftlichen Situation Stellung. Die düsteren Prognosen sind zutreffend. Zweifellos befinden wir uns z.Zt. in einer großen Talfahrt. Der große Anstieg der Arbeitslosenzahlen, das ausufernde Gastarbeiter- und Asylantenproblem und das Nachlassen unserer Wirtschaftskraft sind z.Zt. nicht in den Griff zu bekommen. Jedoch will keiner in unserer Wohlstandsgesellschaft zurückstecken. Der Ausgang ist m.E. noch offen.
Der Winter hat uns ja bis jetzt erheblich mitgespielt. Schnee und Frost machten uns zu schaffen. Die Straßen waren vereist und verweht. Für uns, die wir für alle Einkäufe längere Strecken fahren müssen, war es oft beschwerlich und riskant. Für die Kinder eine herrliche Zeit! Da sind die großen Pfützen und Hügel, die im Sommer ein Ärgernis sind, herrliche Eis- und Rodelbahnen. Wir erinnern uns noch gut an die Flächen vor Ihrem Häuserblock, die von Anne-Maria und Matthias für ihre Winterfreuden genutzt werden können.

Es grüßen Sie und Ihre Kinder sehr herzlich
Ihr Hermann und Brunhilde F.

 

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