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Brief (Transkript)

Alois Breilmann an seine Schwester am 4.4.1941 (3.2009.0714)

 

dort wo noch Schnee liegt am 4.4.41.



Mein lieber kleiner Junge!

Eigentlich bist Du ja nicht mein Junge, sondern immerhin noch der Sohn Deines Vaters. Es wär auch schlimm wenn es anders wäre.
Also an Dich lieber kleiner Hans-Winfried will ich schreiben, vielleicht denkt Dein kleines Köpfchen noch mal ab zu an mich ganz sicher bin ich jedenfalls nicht, ob Du Dir überhaupt noch eine Vorstellung von mir machen kannst ist meine Frage, die Du, da Du noch viel zu klein bist mir auf schriftlichem Weg selbst nicht beantworten kannst. Vielleicht tuts Deine Mutter oder Dein Vater es ich weiß es jedenfalls nicht.
Immerhin stelle Dir Deinen 19 Jhr. Onkel so vor.
Er trägt Uniform, nicht eine besonders schöne, auch nicht eine die besonders gut sitzt, aber immerhin war er doch so auf Draht, daß er keine der schlechtesten erhielt seine Stiefel sind angekaufte Knobelbecher und trotz allem Anschein zwar hat er sie auch nicht auf Hochglanz gewienert, aber einen Vorteil haben sie, sie sind weich und passen ausgezeichnet. So gut sind die Stiefel, daß ich mir auf einem 35 km Marsch nicht mal Blasen gelaufen habe, lediglich am linken Strumpf war ein Loch entstanden, es ist mittlerweile allerdings schon gestopft. Ein kleines Mädchen von vielleicht 8 Jhr. hats getan und nicht mal schlecht. Mein Koppel ist, d.h. wenn ich es putze, ziemlich blank aber seitdem meine Rekrutenzeit vorbei ist, bin ich faul geworden und es wird nur geputzt wenn die Gefahr des Auffallens besteht und das ist natürlich unangenehm, kann immerhin einige Tage Kartoffelschälen nach sich ziehen. Ich habs zwar noch nicht oft gemacht aber ich habe auch gar keine Sehnsucht danach. Du mußt Deiner Mutter mal richtig zusehen dabei und ebenso beim Waschen, beim Kochen tus lieber nicht denn da läßt sich nicht gern jemand zusehen. Aber dieses alles mußt Du mal zusehen auch daß Du später besser weißt als ich welche Arbeit Deine Mutter mit Deinen Sachen und mit Dir hat. Ich muß sagen ich hab die Arbeit meiner Mutter unterschätzt. Obwohl ich nicht gern jemanden Recht gebe muß ich sagen, daß ich die Arbeiten jetzt schon alle selbst gemacht habe und, daß ich noch schneller damit fertig geworden bin.
Siehst Du ich habe mal für 14 Tage die Wäsche von 13 Mann gewaschen und ich möchte die Arbeit nicht mehr wieder tun, ich habe mich zwar freiwillig dafür gemeldet, aber hätt’ ich lieber Dienst in der Kompanie gemacht. Denn meine Hände waren so faltig und weich geworden und in den Fingerspitzen hatte ich kein Gefühl mehr. Nur eine gute Behandlung mit Nivea verhinderte daß ich aufgesprungene Hände erhielt. Deswegen denke nicht schlecht von Deiner Mutter wenn sie mal aufgesprungene Hände hat die nicht gepflegt aussehen, denke immer daran daß, das vom Arbeiten kommt.
Siehst Du mein Junge, diesen Brief hätte ich eigentlich meiner Mutter schreiben müssen, da er sehr viel enthält, was sie ein wenig um Verzeihung bittet. Aber ich habe bisher noch keinen um Verzeihung gebeten und tu es auch bei meiner Mutter nicht, obschon es keine Schande wäre. Aber eines muß ich doch sagen, dieses Leben gefällt mir ganz gut manchmal könnt es ja noch schöner sein. Aber schließlich kann man nicht nur schöne Stunden haben. Eines fehlt mir nur, es ist aber etwas, was ich wohl vorläufig nicht erhalten werde, vielleicht hast Du schon dasselbe gedacht, es ist Urlaub. Der Franzose würde sagen va plü so spricht er wie er das Wort schreibt weiß ich nicht. Denn die französischen Mädchen haben einem wohl das Sprechen aber nicht das Schreiben beigebracht.
Ich hab mich schon damit abgefunden.
Hier liegt noch Schnee, ich sage noch denn bald kann man hier wieder schon sagen, aber es taut denn einmal muß es Sommer werden. Ich glaube ein Frühling kennt dieses Land an der russichen Grenze nicht. Aber schön ist es hier wenn auch matschig. Wald ist hier nochmals Wald, nicht weit von hier beginnt der Urwald von Bialystock. Hoffentlich zeigt Deine Mutter Dir so oft sie kann Wald denn der kann nie schaden. Aber Wald wie diesen im Schnee, das glaub ich kaum, daß sie Dir das zeigen kann.
6 Tage habe ich immerhin gebraucht um von dem schon in der Sonne gebadeten Frankreich hierher zukommen wo noch Schnee liegt und die Sonne nur ab und zu durch die Wolken lugt.
Wir liegen in einem Privatquartier zwar etwas eng aber es läßt sich aushalten, gleich vor dem Haus ist ein See nur da wo der Zufluß ist, ist kein Eis alles andere ist 18 km zugefroren.
Ich hab mein Schreiben unterbrechen müssen da gegessen wurde und was alle tun muß ich auch machen. Ich bin dadurch ganz aus dem Konzept gekommen ist weiter nicht schlimm, da Du [...] die Mutter, die das alles vorgelesen hat mit viel Verständniß natürlich müde geworden bist und ins Bettchen mußt übrigens ist das Bettchen Dir noch nicht zu klein geworden? Es kann doch nicht mehr lange dauern. Im übrigen bin ich satt, der Bauch tut mir weh, hoffentlich ißt Du auch so fleißig wie ich, denn das ist die Hauptsache beim Menschen, beim Landser somit vor allem. An zweiter Stelle kommt die Liebe, wovon Du hatürlich noch keine Ahnung hast, höchstens, daß Du Deine Eltern liebhast und das gehört sich so, die andere Liebe gehört sich nicht immer, wenns auch nett ist. Um 7 Uhr will ich ein Mädel treffen und um 8.15 ist Nachtmarsch Pech. Aber vielleicht läßt sie sich auf einen anderen Tag bestellen.
Eine Bitte hätte ich an Dich Hans Winfried bringe Deine Eltern doch dazu, daß sie Dich knipsen, denn ich hätte gerne ein Bild von Dir.
Auch ich weiß nichts mehr oder besser die Lust fehlt.
Es grüsst Dich und Deine Eltern
Alois

Na Ihr beiden wie hat Euch das gefallen. Warum soll ich nicht mal an ein Kind schreiben können. Hats geklappt.

 

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