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Brief (Transkript)

Kurt Miethke an seine Ehefrau am 12.7.1944 (3.2002.0912)

 

Bucovat 12.7.44



Mein liebes Süßes!

Ich will Dir nun heut den versprochenen Brief schreiben. Ich habe grade Zeit da ich auf Streife bin. Das dauert ungefähr 3 Stunden, dabei gehts am Schienenstrang an herrlich blühenden Wiesen vorbei. Was es hier so an komischen Gewächsen und Blumen gibt. Da würdest du staunen. Da ist die Blumenschau in Berlin ein winziges Nichts dagegen. Und alles ist umrahmt von ziemlich hohen Bergen. Hier möchte ich schon leben, aber nur im Frieden. Das ist ein richtiger Erholungsort für Nervenkranke. Richtiger Laubwald ist auch da, aber Pilze sind keine da. In Friedenszeiten sollen hier richtige Viehherden gewesen sein, aber jetzt hier und da ein paar Ochsen und Schafe das ist alles denn die Einwohner sind fast alle getürmt. Ja Spinnchen, wenn alles so friedlich ist, da sieht es garnicht nach Krieg aus, aber sehr oft wird diese Ruhe hier plötzlich von den Fliegern gestört, dann heißt es schnell Deckung nehmen, denn die schießen mit allen möglichen Waffen auf einzelne Leute. Und des Nachts kommen sie dann mit Bomben. Wir haben uns einen ziemlich guten Bunker gebaut und sind so einigermaßen sicher. Und außerdem habe ich ja mein Glücksvögelchen und mein Schutzengel bist du ja, Spinnchen. Du wirst nun wieder sagen, kiek mal an jetzt fängt er an zu schmusen. Weißt Du das fehlt einem doch zu sehr. So recht nach Herzenslust möchte ich Dich mal wieder abdrücken und abknudeln. Und noch viel mehr möchte ich. Aber Du siehst doch sie halten die Menschen fest, wie Gefangene. Wo soll da wohl die Lust zum Soldatspielen herkommen, wenn man alle Jahre einmal nach Hause kann. Es sind schon wieder fünf Monate vergangen, wo ich zu Hause war. Jetzt bei schönen Wetter müßte man in Urlaub fahren können, aber wer weiß wann das werden wird, vielleicht ist der Krieg inzwischen schon zu Ende. Das wäre natürlich die beste Lösung. Spinnchen, wie sieht die Sache mit dem Bombenschaden aus, Du mußt mir dann schreiben, was alles kaput ist. So meine Liebe jetzt kann ich nun weiterschreiben, es ist ja inzwischen Tag geworden, denn gestern wurde ich abgerufen. Heute stehe ich Brückenwache, aber frage nicht was los ist, seit 8 Stunden tobt schon ein schweres Gewitter in unserer Gegend. Es strömt vom Himmel was runter will, ich sitze inzwischen in unserem Erdbunker und schreibe weiter. Es ist ja nicht gerade sehr gemütlich, denn es tropft überall durch, aber doch noch besser als ob man im Regen steht. Man kommt sich wie ein wildes Karnickel vor. Noch eins Spinnchen, will ich Dir schreiben, wenn die Sache mit dem Vorgehen der Russen noch ernstere Formen annehmen sollte, denn ihr wißt ja schließlich auch wie es steht, dann nehme bitte sämtliche Bilder, außer meinen Militärbildern, aus dem Album und tue sie in einen Umschlag, man weiß nicht was noch kommen wird. Vernichten brauchst Du sie ja noch nicht aber wenn es sich als nötig erweist, dann muß es eben sein, so schade es darum ist. Das sind die Bilder mit den Juden und Gefangenen. Übrigens ist gestern ei neuer Befehl rausgekommen, wonach nur noch Bombenbeschädigte bei Todesfällen Urlaub bekommen. Alles andere scheint nicht so wichtig zu sein, und wie hat man zu erst damit angegeben. Außer mir sind noch ein ganz Teil Kameraden die Bombenurlaub erhalten sollen. Weißt Du Spinnchen was ich mir gestern zum Abendbrot gemacht habe, neue Kartoffeln Fisch in Grün und dazu geschmorte Kirschen. Alles natürlich gemaust aber deshalb schmeckt es doch. So jetzt hat das Wetter aufgehört und gleich ist es wieder schön warm. Heute Nachmittag will ich mal sehen ob ich einige Aprikosen ernten kann. Jetzt mein kleiner Liebling bin ich wieder am Schluß meiner Weisheit und so will ich Dir alles Gute wünschen und sei mir recht herzlich gegrüßt und geknudelt von

Deinen Süßen

Gleich kommt die Ablösung dann wird erst mal gefrühstückt
Gruß an Hanna

 

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