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Brief (Transkript)

Friedrich Latze seine Ehefrau am 18.2.1945 (3.2002.0878)

 

Sonntag, den 18.2.45



Liebe Liselott!

Inzwischen wirst Du wohl schon meine rote Karte bekommen haben. Jetzt am Sonntag sitze ich wohl geborgen bei einer Familie in Dresden-Altensewitz. Das ist ein Vorort von Dresden. Meine Lage ist augenblicklich noch ganz ungewiß. Meine Dienststelle ist nicht aufzufinden. Morgen mache ich noch einen Versuch und dann habe ich nur noch den Weg übrig: zur Kommandantur. Damit ist der Traum allerdings zu Ende, zu Dir zu kommen. Würde ich nämlich von einer Polizeistelle die Reisegenehmigung zum Zentralpunkt, das ist das Hauptamt der Auslandsprüfstelle in Potsdam, bekommen, wäre ich ja zuerst mal zu Dir gekommen. Na, morgen habe ich ja die Gewißheit. Schreiben kann ich momentan wenig, da die Post nur von Außerhalb abgeht. Und wer weiß, wo ich morgen abend zwangsweise hingebracht werde. Hier wird ja nur noch geschanzt und in der Stadt gebuddelt.
Dresden wurde am Dienstag den 13.2. restlos zerstört. Der erste Angriff dauerte eine Stunde, der zweite 1 ½ Stunden. In der Stadt steht kein Haus mehr. Ziemlich verschont blieben nur die Vororte. Dresden hat den schwersten Angriff aller Städte mitgemacht, denn die Stadt war ein einziges Flammenmehr. Ein Sturm, wie ich ihn noch nie gespürt habe. Wer in den Straßen war kam um, denn ehe man rauskam, war man verbrannt. Am Freitag den 16.2. kletterte ich über Steine bis zu dem Haus der Tanten. Der Keller selbst ist nicht eingestürzt. Eine Gluthitze kam aber heraus. Ich versuchte von drei Seiten heranzukommen, wurde aber beinah dreimal von einstürzenden Mauern erschlagen.
Ein Politischer Leiter, der vorbeikletterte, sagte mir, daß das Haus Walpurgisstr. 24, also das Eckhaus an der Struvestr. gleich beim ersten Angriff im Dachstuhl brannte und er die Leute selbst aus den Kellern holte. Wo sie dann beim zweiten Angriff blieben, weiß er nicht. Also in den Kellern blieb keiner zurück. Es sind später viel alte Leute mit Lastautos nach Außerhalb gebracht worden. Ich kann nach den Aussagen den pol. Leiters also annehmen, daß meine Tanten gerettet wurden. Die Leute gingen ja aus diesem Viertel alle zur Wiener Str. von wo sie dann abtransportiert sein sollen. Soldaten kümmerten sich vor allem um alte Leute und trugen sie weg, wenn sie nicht schnell genug laufen konnten. Da vor allem Tante Emma nicht gehen konnte, wird sie zusammen mit Tante Anna irgendwohin gebracht worden sein. Da es mit der Post sehr, sehr lange dauern kann, werden wir auch sehr lange warten müssen bis wir endgültig Gewißheit haben. Die herausgebrachten Leute wurden nach der erste Betreuung gleich weiter gebracht. Darum ist es im Augenblick überhaupt unmöglich eine Auskunft über einzelne geborgene Personen zu bekommen. Sage vor allem meinem Vater, daß er ebenso wie ich die Hoffnung behalten soll, daß unsere Tanten leben und sich irgendwo in Sicherheit befinden. Aber bei diesem Durcheinander und diesem Ausmaß der Katastrophe und dem Ausbleiben einer organisierten Hilfe eine namentliche Erfassung der Geretteten vorläufig nicht vorgenommen wurde.

 

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