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Brief (Transkript)

Klaus Becker an seine Ehefrau am 23.5.1943 (3.2002.0224)

 

O.U., den 23.5.1943.



Meine liebe Suse!

Heute morgen erhielt ich Deinen Brief vom 21. 5.43, über den ich mich sehr gefreut habe. Auch ohne ihn hätte ich unseren Hochzeitstag nicht vergessen. Ich hatte die Absicht, Dir zu diesem Tage ein paar Blumen zukommen zu lassen. Aber plötzlich war es dann doch so spät, weil die Feldpost meist recht lange unterwegs ist. Nun nachdem Du mir so erfreuliche Nachricht hast zukommen lassen, tut mir mein Versäumnis umso mehr leid. Aber ich hoffe ja, in nächster Zeit bei Dir zu sein u. dann alles wieder gut zu machen. Meine einzige Befürchtung ist nun, Du könntest Dich doch geirrt [?] haben. Das wäre ja auch nicht das 1. Mal, und ich meine wir sollten uns auf unseren Zuwachs nicht schon zu früh freuen. Am liebsten würde ich ja sehen, wenn wir noch einen Jungen dazu bekommen, aber ein Mädchen wäre mir auch lieb. Ich finde, kleine Kinder erhalten Eltern länger jung, und hoffe, daß ich bei dem kommenden alle die Stadien nacherleben werde, die ich bei unserem [...] infolge des Krieges habe vermissen müssen. - Nun zu meinem bevorstehenden Urlaub. Wann ich ihn antrete, weiß ich noch nicht genau. Ich beabsichtige, hier gegen ½ 7 abends wegzufahren, bin dann etwa um 10 in Lübeck u. etwas nach 11 in Oldesloe. Du musst also das Rad bald hinschaffen oder hinschaffen lassen, um mir noch rechtzeitig Bescheid zu geben, wo Du den Aufbewahrungsschein abgegeben hast oder abzugeben gedenkst. Bei sehr rechtzeitiger Abgabe des Rades könntest Du mir ja auch den Aufbewahrungsschein noch zusenden. Auf alle Fälle werde ich am nächsten Sonntag nach 7 Uhr einmal mit Dir telefonieren. Ich hoffe, ich habe Zeit; doch nach 10 Uhr wird es auf keinen Fall werden, sodaß Du auch nicht länger zu warten brauchst. -
Gestern war ich wieder einmal Baden. Ich war im Zoo, wo es mir recht gut gefällt. Ich stelle mir immer bei solchen Gelegenheiten vor, daß ich Dich und die Kinder dabei habe, u. gehe deswegen auch so gern alleine, weil mich dann keiner in meinen Gedanken stört. Dann war ich noch im Kino u. sah „Späte Liebe“ mit Paula Wessely u. Attila Hörbiger. Der Film hat mir außerordentlich gut gefallen, auch Hörbiger spielt sehr gut; das 1. Mal, wo er mir wirklich zugesagt hat. Man muß sich wirklich wundern, daß während des Krieges so viele gute Filme hervorgebracht werden. - Auch hier hatten wir in den letzten Nächten fast regelmäßig Alarm, doch dauerte er meist nur 1 - 1 ½ Stunden. Das Abwerfen von explosivem Spielzeug u. dergl. durch den Tommy und Amerikaner ist eine unglaubliche Sauerei. Und doch gibt es immer noch Menschen – oder gerade wegen der augenblicklichen mißlichen Lage, in der wir uns befinden, wieder mehr Menschen, die glauben, der Engländer sei im Grunde ein ganz anständiger Mensch. Er ist ein ausgesprochener Schweinehund, der sich nur dann als anständig beweist, wenn man tut, was er wünscht.
Mit herzlichsten Grüßen an Dich u. die Kinder!
Dein Klaus

 

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