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Brief (Transkript)

Willi Betz an eine Bekannte am 15.9.1939 (3.2002.0257)

 

Sotniki, 15.9.39.



Liebe Annerose!

Es ist nun schon 14 Tage Krieg, fand aber bis jetzt noch keine Zeit, Dir einige Zeilen zu schreiben. Wir hatten bis jetzt wegen des sehr raschen Vormarsches keine Gelegenheit uns einmal mit irgendetwas anderem zu beschäftigen. Das bisher Erlebte in einem Brief zu schildern, ist unmöglich. Man erhält Eindrücke, gute und schreckliche, die man nie mehr los werden wird. Hierbei denke ich besonders an die Schlacht an der Warthe, wo unsere 21er (Inf.Rgt.21, Nürnberg-Fürth) unter ziemlichen Verlusten die Polen aus ihren befestigten Stellungen warfen. Das Schlimmste in diesem Krieg sind die poln. Freischärler. Es sind dies poln. Zivilisten, die auf die deutschen Soldaten aus Häusern, von Bäumen und sogar von Kirchtürmen und Friedhöfen mit Pistolen, Gewehren und Maschinengewehren schießen. Das schönste Erlebnis des bisherigen Krieges war unser Einmarsch in Lodz. Wir wurden dort von den hier wohnenden ungefähr 150-200000 Deutschen sehr stürmisch begrüßt. Am Pilsudski-Platz fand ein Vorbeimarsch vor unserem General v. Weichs statt.
Leider hat unsere Abteilung schon 12 Tote und zahlreiche Verwundete aufzuweisen, unter den Toten auch ein Oberleutnant, einer unserer beliebtesten Offiziere.
Während ich Dir nun schreibe, donnert schon wieder unsere Artillerie, hoch in den Wolken dröhnen die dumpfen Motoren unserer Bombenflugzeuge. Wir hoffen, daß die deutsch-poln. Auseinandersetzungen in wenigen Tagen mit einem großen deutschen Sieg enden werden.
In dieser sturmbewegten Zeit habe ich nun schon oft an Dich gedacht. Hoffentlich hast Du Deinen Urlaub im Gebirge gut verbracht und bist von der Gebirgssonne gebräunt, wieder heimgekommen.
Ich war in meinem Urlaub in Kufstein gewesen, allerdings nur 3 Tage. Ich freue mich schon auf unsere Rückkehr nach Deutschland, da wir dann sehr wahrscheinlich einige Tage Urlaub erhalten. In diesem Zusammenhang will ich Dir mitteilen, daß ich mich bereits für ein 3. Jahr Militärzeit verpflichtet habe. Was machst Du nun mit dem Pflichtjahr? Hast Du Lust, dieses in Nürnberg zu erfüllen?
Und nun wünsche ich Dir alles Gute und freue mich auf ein baldiges Wiedersehen.
Willy

Meine Adresse: Uffz. W.B., Feldpostnummer 03910 Sammelstelle Nürnberg

 

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