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Brief (Transkript)

Karl Wagner an seine Ehefrau und Kinder am 24.12.1942 (3.2002.7105)

 

24.12.42



Mein heißgeliebtes Weib, meine vielgeliebten Jungens

der heilige Abend ist da und meine Gedanken weilen noch mehr als sonst bei meinen Lieben Ich sehe Euer geputztes Bäumchen vor mir, unser kleiner Christi [?] schaut mit großen verwunderten Augen auf die sonderbare Beleuchtung, Karlheinz hat wahrscheinlich trotz des 4. Kriegsjahrs noch einen recht netten Gabentisch vorgefunden, wenn auch sein Papa diesmal leider garnichts dazu tun konnte und ist wahrscheinlich sehr glücklich, froh und zufrieden. Mein liebes Frauchen hat einen leeren Tisch und muß sich an der Freude der Kinder genug sein lassen, was ihr hoffentlich nicht schwer fallen wird. Mein Wunsch am heutigen Abend ist es, daß ihr recht gesund und ungestört die Feiertage verleben möchtet und es mir nochmal vergönnt sein möge dieses Fest im Kreise meiner Lieben begehen zu können. Ich weiß, daß auch Eure Gedanken besonders heute Abend bei mir weilen werden und so sind wir wenigstens im Geist doch ein wenig beisammen. Und nun soll ich wohl recht viel von mir berichten. Nun soweit es geht, soll es geschehen. Wir sind noch immer in einer etwas schwierigen Lage, wenn auch nicht mehr an der alten Einsatzstelle, so doch noch immer in der endlosen öden russischen Steppe über der jetzt eine Schneedecke liegt und ein eisiger Wind weht. Wir haben uns mit 14 Mann ein Loch in die Erde gebuddelt, neuerdings sogar eine Heizgelegenheit erfunden, die uns gleichzeitig die nötige Belüftung gibt und sind also etwas vor der Kälte u. Wind geschützt, resp. können wir uns etwas erwärmen. Der Himmel ist heute bedeckt, es wird mehr Schnee geben, nicht einmal die Sterne zeigen uns die Richtung zur Heimat, aber das ist uns auch so recht gut bekannt, nur ist es zur Zeit weit u. in absehbarer Zeit auch keine Aussicht einmal dahin zu kommen, wo unser Herz uns hinzieht. Bis zur Stunde verhält die Front sich ruhig und sind wir dankbar, daß wir hier in Ruhe jeder seiner Lieben gedenken können. Überraschungen konnten für uns nicht beschafft werden auch kein Bäumchen, aber wir sind auch so dankbar und zufrieden. Die Nachschubschwierigkeiten sind für uns sehr riesig groß und ist Munition und die wichtigste Ernährung immer die Hauptsache dabei und ich hätte ja sowieso nicht mit großen Überraschungen rechnen können, meine Päckchenmarken habe ich in der Brieftasche, weil ich ja hoffte, bei meinen Lieben zu sein. Nun ist es uns nicht vergönnt und so tun wir freudig und gewissenhaft eben hier unsere Pflicht in der Gewißheit, daß wir dadurch unseren Lieben ein ruhiges Fest sichern und diese bolschewistischen Horden niemals in Deutschland wüten können und es für keinen Deutschen jemals wieder ein Fest geben würde. Nun, ich will auch mit meinen Gedanken nicht ins Uferlose verlieren und so soll es zum heiligen Abend genug sein. Nun noch etwas anderes. Ich lege Dir hier ein Teil 12 Stk Luftpostmarken bei, schreibe mir bitte per Luftpost, da uns andere Post kaum erreicht. Außerdem darfst Du etwas Zigaretten anfangen aufzusparen, aber noch nicht schicken, ich schreibe Dir sobald Aussicht auf gutes Ankommen besteht und z.Zt. bin ich auch versorgt. Nur wird es weniger und der kluge Mann baut eben vor.
Nun bleibt Gott befohlen, ich küsse Euch alle drei viele tausendmal und habe Euch von Herzen unaussprechlich lieb. Immer in der Hoffnung auf ein Wiedersehen ist es mir ein großer Trost, daß ich so eine tüchtige Frau habe, die immer in jeder Lage ihren Mann stehen wird und meine beiden Jungens immer gut beschützt sein werden. Auch ich selbst bin Dir sehr vielen Dank schuldig und hoffe noch recht viel Gelegenheit dazu zu finden. Nochmals viele Grüße und Küsse und gute Nacht, wir müssen das Feuer löschen, Ruskis wird munter
Herzlichst Euer Papa.

 

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