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Brief (Transkript)

Kurt L. an seine Mutter am 26.6.1942 (3.2002.0885)

 

O. U., den 26. Juni 1942



Liebe Mutter !

Hab besten Dank Für Deinen Brief vom 14.6., den ich gestern erhielt. Nach den kühlen Tagen haben wir wieder hochsommerliches Wetter mit schöner Hitze, dabei aber häufige Gewitter. Am Dienstag habe ich Dir ein Stückchen Schokolade geschickt, hoffentlich erhältst Du es. Lucie`s Päckchen habe ich sämtlich erhalten. Die Apfelsinen waren natürlich zum Teil ungenießbar geworden. Ein Päckchen ist ja meist 3 Wochen unterwegs. Da meine mitgenommene Tinte nun bald alle ist, muß ich mit Kopierstift schreiben. Gestern erhielt ich von Tante Frieda auch eine Karte. Sie bedankte sich für meine Karte, die ich ihr geschrieben hatte. An Tante Grete habe ich auch zum Geburtstag geschrieben. Ebenso an die Marliese, allerdings nach Bottmersdorf, da ich keine Dresdener Anschrift habe. Hier geht es soweit ganz gut. In den nächsten Tagen besteht allerdings eine Veränderungsmöglichkeit, da wir angeblich hier ein zu faules Leben führen, sollen wir mal wieder 4 Wochen Ausbildung haben. Dies wird von uns natürlich nicht gerade begrüßt. Hier ist es ja soweit ganz schön gewesen. Bloß das tägliche 20 Km Laufen bei der Hitze macht auch nicht viel Spaß. Daß ich von Hans einen Brief aus Bordeaux inzwischen erhalten habe, schrieb ich Dir wohl bereits in der letzten Karte. Hier gibt es auch kein Obst. Nur ein paar Johannisbeeren und am Bahnrand stehen Walderdbeeren. Es ist aber alles noch nicht reif. Es hatte sogar in den Nächten noch manchmal Frost gegeben. Es ist hier eben schon ein größerer Unterschied zwischen Tag und Nacht. An Urlaub ist von hier aus vorerst gar nicht zu denken. Vielleicht nächstes Jahr. Die hier sind, sind schon 1 ½ Jahre nicht zu Hause gewesen. Haben gestern noch ein paar Beete mit Radieschen u. Gurken zurecht gemacht, da einer Samen aus Berlin geschickt bekam. Hier ist auch dauernd was los. Die Partisanen machen auch solche Sabotageakte . Es vergeht keine Nacht, in der nicht Minen unter den Schienen oder auf der Straße gelegt sind. Das kostet meistens natürlich Opfer. Seltener geht es mit großen Sachschaden allein ab. Aber der Verkehr, der momentan auf beiden Verkehrswegen wieder gewaltig ist, muß auch in der Nacht laufen. Beide Linien laufen ziemlich parallel und sind von unserem Haus aus zu übersehen. Wir liegen direkt an der Eisenbahn in einem ehemaligen Bahnwärterhaus. Die Attentäter sind natürlich in den seltensten Fällen zu kriegen. Wenn sie aber gefasst werden, so hängen sie auch eine Woche im Dorf. Neulich wurde eine Panjepferde-Transportstaffel, (Pferde die laufend aus Polen geholt werden) bestehend aus 200 armseligen unterernährten Gäulen, von denen meist ein Teil auf dem langen Marsch zurückbleibt, und 50 russ. Pferdeknechte und 25 deutschen Soldaten von den Partisanen überfallen. Das kostete 2 Tote u. 5 Verletzte. Als Folge wurden von uns 3 Dörfer, in denen sich die Partisanen aufgehalten haben, vollkommen niedergebrannt, und die männliche Bevölkerung erschossen. Das ist dann die notwendige unerbittliche Vergeltung bei der natürlich Unschuldige mit den Schuldigen leiden müssen. Beim Schreiben haben mir die Mücken schon wieder die Beine zerstochen. Am besten sitzt man auf unserem Aussichtsturm, so hoch kommen die Biester nicht und da weht noch ein kleines Lüftchen. So nun ist der Brief voll und will ich schließen. Sei Dir und Hilde herzlichst gegrüßt von

Deinem Kurt

 

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