Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Gerhard Rücker an seine Ehefrau am 11.02.1945 (3.2002.7133)

 

O.U., den 11 .2.45



Ihr Lieben!

Wenige Wochen sind es erst seit ich zum letzten male an Euch schrieb, aber was hat sich in dieser Zeit alles ereignet. Harte Tage liegen hinter uns. Ich habe sie, Gottlob, gut überstanden und befinde mich wohlauf. Leider ist nun das Schicksal meiner Lieben für mich zunächst noch vollkommen ungewiss. Ich habe ja die Hoffnung das es Ihnen rechtzeitig möglich war unser liebes trautes Heim zu verlassen und das sie sich bei Euch befinden werden. Wohl werde ich mich mit dem Verlust unseres gesamten Besitzes vertraut machen müssen, aber was bedeuten denn in der heutigen Zeit materielle Verluste. Ich käme über das alles viel leichter hinweg wenn ich nur wüsste das es Lieselotte und Eberhard gut geht und das sie bei Euch in Sicherheit sind. Alles Andere lasst sich wieder erarbeiten. Man sollte eigentlich annehmen, das es garkeiner Frage bedürfte das Lie¬selotte und Eberhard bei Euch sind, aber ich habe gesehen unter welchen Umständen oft die Umquartierten getrennt wurden und sich auch nicht mehr wiedergefunden haben. Dazu die furchtbaren Unbilden der Witterung Es war schon für uns Soldaten in den Tagen oft nicht leicht, was haben aber die Frauen und die Kinder zu leiden gehabt ohne des ihnen geholfen werden konnte. Ich kann und will nichts darüber schreiben es wird einer spateren Zeit vorbehalten sin hier einmal das ganze traurige Geschehen klarzustellen. Eins steht fest wenn man das mit angesehen hat dann kann es nur nach eins geben den fanatischen Rachegedanken an diese Bestien aus dem Osten. Das Schicksal kann es nicht wollen, das ein Volk das durch so viel Leid gehen musste einfach zu Grunde geht. Es wird auch für uns wieder einmal einen Aufstieg geben und dann werden auch diese bitteren Tag des Anfangs 1945 bald vergessen sein.
Immer in der Annahme das Lieselotte wohlbehalten bei Euch ist, bitte ich Euch nun um folgendes. Lieselotte wird kaum in der Lage sein einen einigermassen klaren Gedanken zu fassen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, das man schon heute an eventuelle Ersatzansprüche danken muss. Ich empfehle daher, das sich Lieselotte schon jetzt damit befasst eine möglichst genaue Augstellung der verlorenen Sachen zusammen zu stellen. Einmal wird sie es bestimmt brauchen und andererseits wird sie das ablenken. Den Wert meiner Bücher beziffere ich auf ungefähr 800.- Über alles andere ist ja Lieselotte selbst orientiert. Die Aufstellung muss möglichst bis in alle Einzelteile genau sein und die Anschaffungswerte enthalten, soweit Belege vorhanden sind, können sie beigefügt werden, sonst genügt es sicher auch so. Diese Aufstellung muss dann aufgehoben werden und wird später einmal als Grundlage für alle Ersatzansprüche dienen. Das wir jemals auch nur Teile unseres Eigentums wiedersehen halte ich für ausgeschlossen. Wie ich aber auch schon sagte alle materiellen Werte lassen sich leicht ergänzen.
Tröstet Lieselotte auch damit wir wollen froh sein wenn wir uns gesund wiederfinden was ich bestimmt annehme.
Sorge mache ich mir nun auch noch um Mutter. Nach dem allgemeinen Stand der Front die wir durch den Rundfunk erfahren, ist je auch Mutter nicht allzuweit aus dem Gefahrenbereich. Hoffendlich geht alles gut vorüber. Leider bin ich nicht imstande zu helfen. Ich schließe nun für heute. Noch habe ich die Hoffnung das alles recht bald ein gutes Ende haben möge und die Erlebnisse der letzten Tage lassen mich das noch besonders hoffen doch davon später einmal. Damit wünsche ich auch Euch Allen alles Gute ich grüsse Euch Alle recht, recht herzlich Euer treuer
Gerhard

Heute wurde mir das Kriegsverdienstkreuz 1. Kl. mit Schwertern verliehen

 

top