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Brief (Transkript)

Gerhard Zuch an seine Ehefrau und Kinder am 11. Oktober 1943 (3.2002.1366)

 

G. 22.

Im Panzerdeckungsloch, 11.10.43.



Mein liebes Frauchen u. Häschen!

Seit Tagen wollte ich schon schreiben aber immer ist etwas dazwischen gewesen oder Iwan hat es nicht zugelassen. Der Sonnabend u. Sonntag waren nicht nach meinem Geschmack wie sie sonst zu Haus waren. Es war ein tolles Wochenende mit ganz schönem Rabatz. Als aber am Sonnabend der Kampf Abends beendet da kam aber doch eine kleine Freude u. das war nach langer Zeit wieder mal Post von Dir mein Häschen: Ich war aber glücklich u. bei Taschenlampenlicht habe ich dann auch gleich gelesen. Iwan wollte am Sonnabend bei uns durch aber er hatte pech gehabt denn er als er vor unsre Stellung ankam hatte er schon viel Verluste durch unsere Arie u. den Rest besorgen wir dann noch. Es pfiff ganz schön na ja da muß man halt glück haben. Ich habe mich jetzt schon 8 Tage nicht waschen können u. seit gestern ist es kühl geworden. Ein kalter Wind weht u. die Nacht hatt es auch geregnet. Jetzt kommt wieder die mieße Zeit. Wenn man nur wüsste was nun los ist dann wäre ja alles ganz schön. So aber zieht man von da nach da u. niemals wird man fertig mit seiner Stellung. Ich sehe es schon wieder kommen es wird Winter u. wir wissen immer noch nicht wo wir nun den Russen unbedingt Aufhalten müssen. Wenn Iwan überall solche Leute hätte wie er mit bei uns angriff da wäre mir nicht bange nur der Landser müßte ruhiger bleiben. Es sind eben nicht mehr die Alten. nun genug nun zu Deinem lieben Briefen. Zunächst zu Brief Num. ? v. 9.9.43. u. Dein Päckchen vom 8.9.43. Ich habe mich gefreut über den Kuchen aber die Kekse möchte ich nicht. Sohni hat sie nötiger als ich u. zweitens gibt es die ja auch nur auf Zuteilung. Die Zigaretten konnte ich gebrauchen denn Du weißt ja wenn man so in seinem Loch sitzt dann raucht man was weg. Die Nerven brauchen es ja auch. Sende so alle Monat eine große Packung die genügt schon. Es gibt ja bald mal wieder Marketenderware u. da gibt es schon wieder reichlich. Ich habe das Päckchen [...] den Inhalt verzehrt denn man weiß ja nie was kommt u. liegen lassen möchte ich es auch nicht. Iwan würde sich wohl darüber freuen. Ja Häschen was soll man zu den Ereignissen sagen. Von mir aus hatte ich es schon immer erwartet u. wenn Du Dich erinnern kannst habe ich mich ja mit Walter auf meinen letzten Urlaubstag noch gestritten. Was nütz uns die Ehrlichkeit von ein paar Leuten wenn die große Masse nicht will. wir haben eben pech gehabt mit unseren Verbündeten. Was nun wird bin ich auch gespannt. Italien ist u. wird ja nun Kriegsschauplatz. Wir müssen nun hoffen, daß es uns gelingt den Engländer u. Amerikaner in Nordafrika zum stehen zu bringen oder ganz vom Festlande fernzuhalten. Es bindet und wieder viele Kräfte, die wir hier einsetzen könnten. Mein Häschen ich freue mich ja so über den Jung das er so niedlich ist u. so lebendig. Möge Gott es geben, daß ich gesund wieder heim kehren kann. Es sollen noch glückliche u. schöne Jahre werden in unserem Heim. Mein Häschen ich glaub Dir gerne das es Dir dort nicht gefällt aber Du musst aushalten. Dem Kinde u. mir zu liebe musst Du schon es schon tuen u. wie ich weiß wirst Du mich ja auch daheim nicht enttäuschen. Es wäre doch besser gewesen wenn Du mit meiner Mutter zusammen gewesen wärst. Ich glaube da hättest Du auch mehr gehabt davon u. Mama wäre auch raus aus Bln. Es singt draußen schon wieder. Hoffentlich wird es nicht toller damit ich in Ruhe weiter schreiben kann. Ja, Häschen ankuscheln möchte ich mich jetzt auch aber vorher müsste ich erst ein Bad nehmen u. dann den Bart ab, sonst würdest Du doch einen Schreck bekommen. Clubzeitungen [?] bekomme ich schon aber die habe ich immer für hinterlistige Zwecke gebracht da ich keine Zeitungen mehr bekomme. Artur hat mir erst einmal welche geschickt u. betteln tue ich nicht. Ich lege Dir heute ein Bericht wieder mit rein. Es ist ja nicht mehr viel los. u. jeder Verein kämpft auch um seine Existenz. Nun zu Deinem Brief v. 15.9. ohne Num. Häschen! Häschen! Sei nicht so mutlos. Sieh ich bin es auch nicht u. ich muß auch mit allem abfinden. Es war eben überstürzt, daß Du nach dort gefahren bist aber nun gibt es kein zurück mehr. Halte Dich bitte neutral u. fertig. Es ist ja immer so diejenigen welche noch nicht viel vom Krieg gespürt haben meckern am meisten u. so ist es auch hier. Was sie aber wollen wissen sie selbst nicht. Ich bin so froh das wir unsern Sohn haben u. somit hast Du auch Deine Freude u. wirst von vielem abgelenkt. Ich bin glücklich, zu hören, daß es Dir u. [...] gut geht u. der Junge soviel Freude bereitet. Häschen was mit den Sachen wird ist gleich, die Hauptsache wir bleiben gesund. Für die Grüße von Gerda recht herzlichen Dank u. grüße bitte wieder. Du siehst der Eine hat Glück u. der andere nicht aber jeder tut doch seine Pflicht wo er hingestellt wird. Mit Herrn Luther ist es bestimmt traurig, aber eine kleine Hoffnung ist ja noch da. Von Walter habe ich auch noch nicht geschrieben. Ich bin froh wenn ich an Dich u. nach zu Haus schreiben kann. Ich mag manchmal auch nicht da mir die Lust u. Zeit fehlt. Habe ich mal Ruhe dann gebrauche ich sie auch nötig für mich. Dur wirst es ja sicher verstehen können. Vom Geschäft habe ich auch Nachricht u. zwar von dem Tage wo auch Deine Post eintraf. Es gibt dort nichts Neues bis auf die, das einige Kameraden eingezogen sind. Von Herrn Gunkel weiß ich nichts. Erika ist total Bombenbeschädigt u. hat alles verloren u. Frl. Englisch hat kein Dach mehr auf dem Kopf. Es fehlt also das Dach über dem Haus. In Bln. haben sie auch schwer gewütet. Das Öl Häschen musste ja ankommen. Es wäre aber schade wenn es verloren geht. Häschen mache mir blos kein ärger u. werde noch krank. Suche bitte sofort den Arzt auf wenn was ist. Nun zu Brief Num.? v. 17.9.43. Ich weiß garnicht wie das kommt das Du nicht laufend von mir Nachricht hast. Es fehlen dazwischen doch noch einige Nummern. Das muß aber süß aussehen wenn der Kleine aufs Töpchen muß. Ich sehe ihn deutlich vor mir wie er Schnippchen zieht u. mit seine Patchen umher haut. Er muß viel Freude machen. Häschen bald macht er nicht mehr soviel Arbeit u. Du hast es auch leichter. Versucht er nicht schon mal so an der Hand zu laufen. Wie ich ihn auf Urlaub auf dem Schoß hatte da wollte er immer schon mal stehen. Er hat es wenigstens versucht. Ich sehe ja schon wenn der erst laufen kann, der läuft alles um u. so manche Brüche wird er sich laufen. Von Werner habe ich Dir in meinem lezten Brief berichtet. Er ist Fahnenjunker u. auf Schule. Ern will Offz. werden. Wer hätte das von Werner gedacht. Du?? Nun zu Brief. ? v. 22.9. der per Luftpost gekommen ist. Ich glaube per Luftpost ist er kaum gegangen. Lasse Dir doch den Apparat per Einschreiben schicken. Filme wird Dir doch wohl noch soviele Dein Schwager besorgen können oder nicht. Jetzt muß ich erst mal rausgucken aus dem Loch denn da hämmert so ein M.G. aber nicht bei mir. Ist nicht so schlimm kann weiter gehen. Häschen wenn ich das nächste Mal auf Urlaub komme dann sagst na wo soll das Klavier hin wie? Mein Häschen ich sorge mich um Euch auch etwas aber da Du u. Heinzi nicht in Bln. seid ist mir Hundertprozent wohler. Artur ist noch da, daß wundert mich aber. Ich glaube aber das auch er noch drann kommen wird. Häschen das sage nicht ich hänge auch an unser Heim aber es hilft soch nichts wir können doch nichts ändern. Was kommen soll das kommt doch. Die 120.- RM. ist die Beihilfe für den Antrag den ich gestellt habe. Ich glaube es war genau soviel wie ich eingereicht habe u. an Quittungen hatte. Ich will auch in den nächsten Tagen Geld abschicken. Wo ich schrieb ich schicke 120.- RM. ab. Das Geld ist noch nicht weg. So trostlos wie es bei Dir war oder ist wenn’s regnet so fängt es jetzt auch hier an. Heute ist es trübe u. ein kalter Wind fegt über das Loch hinweg. Nach Regen sieht es auch schon wieder aus. Wo ich bin wieder im Süden wo schon immer mein Revier war. Südostwärts von Saporosche. Ich schreibe Dir alles u. auch recht oft wenn ich Zeit habe. Ich habe auch manche Tage zu Nichts lust u. das wirst Du ja sicher auch verstehen können. Noch ist alles in bester Ordnung u. alles bisher glücklich überstanden u. hoffe auch weiterhin. Ich möchte jetzt auch ein wenig Ankuscheln u. leibe Worte sagen u. dann nachher so am Kaffeetisch sitzen u. mit Dir plaudern. Heinzi auf den Arm nehmen u. mit Ihm umher-tollen u. dann hat die Mutti nachher noch mehr Ärger mit dem Jungen.
Häschen sei bitte lieb u. halte dort aus u. wenn’s garnicht mehr geht dann bitte nicht zurück nach Bln. Ich würde dauernd in Sorge um Dich u. Sohni sein. Es ist schon Genug wenn Meine u. Deine Mutter zu Haus sind u. wir uns darüber Gedanken machen. Ich schließe für heute u. hoffe bald wieder von Dir zu hören. Der Brief ist beendet u. heute Abend geht er mit der Feldküche zurück. Wie er dann von dort weiter geht weiß ich nicht. Ich wünsche Dir u. Sohni alles Gute u. beste Gesundheit u. möge Gott geben das wir uns gesund wieder sehen. Es grüßt Dich u. hat Dich lieb
Dein Gerhard

Gruß an Sohni den süßen Kerl!

 

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