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Brief (Transkript)

Albert Hagemeister an seine Ehefrau am 23.03.1945 (3.2002.0874)

 

Oschatz den 23.3.45.



Meine lieben beiden Mädchen!

Gestern Mittag bekam ich Euren letzten Brief vom 16.3. gleichzeitig einen von den Arbeitskameraden der Vulkanfiberfabrik. Für Euren Brief meinen besten Dank. Du wirst ja nun wohl inzwischen schon Post bekommen haben, die den Eingang Deiner Post hier bestätigt. Denn die erste Post von Dir habe ich am 9.3., und zwar Deinen Brief vom 5.3. bekommen. Ich habe auch inzwischen alle Deine Post bekommen und auch schon einen von Deinen Briefen wieder zurückgeschickt. Übermorgen ist schon der fünfte Sontag das ich hier bin und zum Soldaten gemacht werde. Diese Zeit ist mir eigentlich sehr schnell vergangen. Ich sitze hier und schreibe diesen Brief im Wachlokal des Lüpla (Landübungsplatz). Es ist morgens gegen 8 Uhr bis um 7 war ich auf Wache und nun ist Ruhe, denn die Ablösung kommt erst heute Nachmittag. Das eigentliche Wachestehen und Streifegehen geschieht nur des Nachts von 6 Uhr abends bis 7 Uhr früh. Nun war es heute ein besonders herrliches Wetter. Inder Nacht mondhell und vollständig windstill und heute morgen schon den schönsten Sonnenschein. Die Drosseln haben heute morgen gesungen es war einfach wunderbar. Vor mir steht eine Birke und dazu schielen [?] die Meisen überall ist Frühling wo man auch hinsieht. In der Nacht war auch Fliegeralarm ungefähr eine Stunde lang es war aber hier nichts los nicht mal gebrummt hat es: Jetzt wollen wir noch ein bischen arbeiten, hier ist nämlich ein große Gerätelager und die Truppenteile die hier rauskommen zum üben holen ihre Geräte von dort und da müssen wir bei der Ausgabe helfen. Dann werde ich mal vorläufig aufhören und nachher weiterschreiben. Jetzt ist es 1.15 Uhr und wir haben wieder 1 ¼ Std. Alarm gehabt. Um 11.40 war Voralarm und um 12 Uhr Alarm und jetzt gehen hier auf dem Flugplatz die Sirenen Vorentwarnung. Jetzt eben haben wir auch Mittag gegessen. Und jetzt gehen auch die Sirenen Entwarnung. Aber ein Wetter ist hier wunderbar. Wenn Du hierherkommen kannst, dann richte Dich so ein das Du ein bischen länger bleiben kannst, denn die Gegend ist sehr schön und die Sachsen sind auch germütliche Leute Nachmittag soll es hier noch Hochbetrieb geben es kommen 2 Komp. und 2 Fahnenjunkerlehrgänge ran zum Ausbilden. Aber uns kann nichts mehr erschüttern, wir haben ab 12 Uhr dienstfrei. Ich werde mich noch eine Stunde hinlegen. Eigentlich wollte ich ja zum Flugplatz gehen und für uns noch ein bischen zum Essen holen, aber da gehen ein paar andere hin, ich muß das Wachbuch schreiben, denn ich bin stellvertretender Wachhabender. Der Gefreite der bei und ist, hatt einen Sprachfehler (stottert) und da muß ich natürlich wieder herhalten. Die neuesten Parolen sagen nun schon wieder wir sollen hier in Oschatz bleiben als Stammtruppenteil. Wenn das der Fall sein sollte, dann melde ich mich zur Waffen S.S. denn den Kasernendrill mache ich nicht mit, oder ich muß einen ganz guten Posten erwischen. Das Essen wird immer noch schlechter heute Mittag weiße Kohlrüben und so holzig. Das letzte Brot war auch noch nicht alt genug und dadurch reicht es auch wieder nicht, trotzdem ich für 3 Zigaretten 2 x ein anständiges Stück organisiert habe. Hoffentlich bringen die Kameraden vom Flugplatz einen ordentlichen Schlag zum essen dann geht es mal wieder, heute Abend gibt es auch heiße Griessuppe, die schmeckt ja jedes Mal vorzüglich. das wäre so ziemlich wieder alles, Erfreuliches und weniger Erfreuliches hoffentlich geht es Euch beiden noch gut und Ihr seid gesund, bei mir ist außer einer sehr schweren Erkältung und Husten alles in Ordnung. Nun seid Ihr beiden Kröten recht schön gegrüßt und geküsst von Eurem Vati.

Gruß an alle Bekannte.

 

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