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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 26.07.1941 (3.2009.1998)

 

26.7.41



Meine lieben Mäuschen!

Heute hat es wieder Post in rauen Mengen gegeben. Das ist immer eine große Freude bei uns. Jedenfalls habe ich wieder 7 Stück von Dir erhalten. Der letzte ist vom 16. Allerdings fehlen wieder ein paar dazwischen. Was hat denn Urselchen? Hat es zuviel gegessen? Nun ist es hoffentlich wieder etwas besser oder sogar ganz vorbei. Vermutlich seit Ihr jetzt wieder daheim in Frankfurt. Jedenfalls werde ich diesen Brief nach Frankfurt schicken. Von Theo habe ich wieder Zigaretten erhalten und von Lina sogar zwei Päckchen. Alles will von mir Post haben, alles beschwert sich. Nun geschrieben habe ich ja sehr wenig, aber wenn man selbst 5 Wochen nichts erhält steht einem der Kopf nicht nach Schreiben. Inzwischen habe ich ja einen ausführlichen Bericht in die Rhönstr. geschickt und werden sie dadurch alle beruhigt sein. Theo ist ja so schlau und hat schon ein paar mal die Frau Gläser angerufen. Nun jetzt bist Du auch wieder daheim da geht es ja. Lina schreibt mir, daß für uns mehr Geld zu erwarten ist. Die Firma dürfe jetzt mehr zahlen. Es wäre jedoch noch nicht öffentlich, weshalb ich ruhig sein soll vorerst. Sie will mich jedoch auf dem Laufenden halten. Gestern habe ich schon deswegen an Pfeifer geschrieben. Das Konzept des Briefes ist nach Maria Buchen gegangen. Nun Du bekommst es noch geschickt. Jedenfalls bitte ich Dich mit Pfeiffer, Theo, Lina und wer noch in Frage kommen kann zu sprechen. Nicht locker lassen, wenn Du 50.- mehr bekommst, dann fahrt Ihr wieder in Ferien. Es hat Euch doch bestimmt gefallen. Ich Baden ist bei dieser Hitze etwas herrliches. Schade, daß Du nicht ins Wasser konntest. Aber das andere muß ja sein und wäre es schlimm, wenn es nicht so wäre. Nicht, daß Du glaubst ich wäre eventl. Misstrauisch nein, das kommt nicht in Frage, aber gesundheitlich wäre es nicht gut für Dich. Bei Deinen dauernden Aufregungen wäre so etwas leicht möglich. Das mit der Blase ist bestimmt auch nur von den Aufregungen gewesen. Bei mir ist eben ein Gewitter. Ich muß mit beiden Händen meinen Block festhalten, sonst fliegt er weg. Eine Abkühlung kann man schon vertragen. Nun zurück zum Bad. Also die zwei Schätzchen haben nackt gebaden. Sicher durfte der neue Anzug nicht naß werden. Bei so kleinen Mädels ist dies auch nicht so schlimm. Hier baden ja die großen nackich. Aber wieso sind auf dem Film nur 8 Bilder? Hast Du die 6 x 9 Bilder gemacht, dann muß doch einer die Maske herausgemacht haben. Hoffentlich ist dann auch der Sucher richtig eingestellt sonst hast Du kleine Bilder trotz großem Film. Es ist halt schlimm, wenn ich nicht dabei bin. Also der Tee und die Seife ist angekommen. Das freut mich sehr. Bestimmt habt Ihr ihn in Maria Buchen gut gebrauchen können. Zur Zeit ist es ja mit dem Kaufen essig. Die Stadt hier, Ostrow, ist ein Trümmerhaufen, da gibt es nichts aber auch gar nichts. Nun vorerst habt Ihr ja auch genug Sachen. Vielleicht, daß ich in Petersburg oder Moskau noch etwas bekomme. Bis jetzt sind wir jedoch noch hier und steht noch nicht fest, wann wir weiter ziehen. Anscheinend geht es bei unserem Abschnitt nicht so schnell vorwärts. Es kommen immer noch Kanonen hier vorbei. Sogar furchtbare Dinger. 24 cm Durchmesser und ist das Rohr mindestens 7 m lang. Das ganze Geschütz ist auf 5 Spezialwagen verladen, die von mächtigen Zugmaschinen gezogen werden. Jedenfalls ist unsere Kanone ein Spielzeug dagegen. Hoffentlich ist der Feldzug bald zu Ende, damit man an Urlaub denken kann. Es wird jedoch noch eine Zeitlang dauern bis der Russe geschlagen ist. Vor uns soll ein Haufen eingeschlossen sein. Aber ob es auch Wahrheit ist, kann ich nicht sagen. Es wird jedoch schon so sein. Amtliches erfahren wir auch nicht. Es heißt nur planmäßig. Die SS hat auf jeden Falls große Verluste bei uns gehabt. Angeblich soll der SS-General abgesetzt worden sein, weil er ohne Verstärkung anderer Truppen vor ist. Das ist vielleicht nicht wahr, aber es wird erzählt. Der Führer soll selbst hier gewesen sein vor zwei Tagen. Das wird Dich jedoch weniger interessieren. Federl, der doch wieder an meinem Geschütz ist, versucht wieder Durcheinander zu machen. Bald hat er es mit Leidweg, bald mit mir. Ich werde jetzt unseren Geschützführer davon in Kenntnis setzen. Der kann ja wegen mir Abhilfe schaffen Mit diesem Prolet ist kein Auskommen. Wenn er wenigstens offen wäre, so meckert er hintenherum. Nun ich kenne dies ja. Ich werde mit ihm schon fertig. Ich habe bisher mir noch nichts zu schulden kommen lassen, sei es in Punkto Kameradschaft oder sonst irgendetwas. Jedenfalls scheint er neidisch zu sein auf den stellvertretenden Geschützführer. Ich werde ihm diesen Posten anbieten. Aber das ist nicht so wichtig und hätte ich es garnicht schreiben sollen. Trotzdem, wenn der Krieg einmal aus ist, dann kann man sich wenigstens das Bild dieser Schmarotzer ins Gedächtnis zurückrufen. Mir geht es noch gut. Das selbe will ich natürlich von Euch hoffen. Das Urselchen macht mir Gedanken. Bei der Hitze hat man es ja leicht im Magen. Nun der nächste Brief, der allerdings erst in 3 Tagen kommt, wird mir die Aufklärung bringen. Vom Krieg selbst merken wir zur Zeit gar nichts. Alles ruhig. Die Front selbst ist ja auch schon über Nowgorod hinaus, das sind mindestens 300 km. Unser nächster Stellungswechsel wird dann bestimmt wieder so 300 km. betragen. Wenn wir jedoch kommen ist der Krieg dort aus. Du glaubst ja gar nicht, welche Mengen Flak vor uns liegen. Natürlich mit S-Lafetten und mot-gel. Da können wir garnicht mit. Auch ist die 2 cm. für Panzerbeschuß viel zu schwach. Hier liegen zwei 58 t Tanks der Russen, die von der 8,8 erledigt wurden. Die 5 cm Pak hat nur Dellen gegeben keine Löcher. Solche Ungetüme hat die deutsche Wehrmacht nicht. Aber wenn die Brücken kaputt sind, können die Kolosse nicht mehr zurück. Die Notbrücken sind nicht so stark um solche Möpse auszuhalten. Die Tanks haben eine 15-cm-Kanone. Ein Schuß der 8,8 traf direkt durch das Rohr. Die werden darin geguckt haben, soweit man da noch davon reden kann. Bei dem anderen haben sie eine Raupe abgeschossen. Wenigstens ein Stück von 1 m Länge. Das Stück ist auf ein Dach geflogen und hat das ganze Haus umgerissen. Der Krieg ist halt was furchtbares. Das die Tanks sich gewehrt haben, kann man leicht an den vielen Soldatengräbern feststellen. Alle sind vom 5.7., wir am 7.7. hier gewesen. Der liebe Gott beschützt uns schon weiter darauf wollen wir fest vertrauen. Hoffentlich bin ich bald wieder bei Dir. Werner hat glaube ich Anfangs August mit Deiner Mutter Geburtstag. Vorsorglich werde ich heute schon beiden Geburtstagskindern schreiben. Bleibt Ihr 3 Goldschätzchen weiter gesund und lieb wie bisher. Ursula wünsche ich meine baldige Genesung. Viele, viele Grüße und tausend Küsse Euer lieber
Papa.

Auf baldiges Wiedersehen.


 

 



Ansicht des Briefes

 

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