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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 22.04.1945 (3.2009.1998)

 

In Bayern, den 22.4.45



Meine lieben Mäuschen!

Seit meinem letzten Brief sind eine Reihe von Tagen vergangen. Wir sind jedoch dauernd unterwegs und ist keine Zeit für Briefe schreiben vorhanden, zumal keiner weggeht. Was wirst du liebes Kind dir Gedanken machen. Nun bis jetzt geht es mir noch gut und ich hoffe, daß es Euch auch gut geht. Unsere Fahrtrichtung haben wir mit Rücksicht auf die Feindbedrohung geändert. Wir sind also nicht nach Hamburg gefahren, sondern kurzerhand von Klötze aus, zurückgefahren. Im Harz, das Dorf heißt Rübeland, haben wir uns beim Luftfahrtministerium gemeldet und dort einen neuen Einsatzbefehl nach Bayern (Walchensee-Kraftwerk) erhalten. Der Amerikaner war uns immer dicht auf den Fersen, weshalb wir, statt direkt nach dem Süden zu fahren, nach Osten ausgebogen sind. Ich bin daher über das Erzgebirge, dem Protektorat (Tschechoslowakei), dem Bayrischen Wald in Niederbayern gelandet. Eine Fahrt durch herrliche Gegenden, nur müßte Frieden sein. Als Kühlerfigur habe ich eine prima Sicht, wenn es auch nicht ganz ungefährlich ist. Besser ist jedoch, man sitzt davorn und kann bei Tiefflügen abspringen, als man kommt auf dem Wagen um. Die Flieger sind hier auch sehr rege und beweisen die vielen abgeschossenen Fahrzeuge, daß mit ihnen nicht gut Kirschen essen ist. In Crimmitschau (Sachsen) ist der Ami wieder in die Stadt einmarschiert derweil wir auf der anderen Seite geräumt haben. Winkel hättest du sehen müßen wie der durch die Straßen rannte. Da merkt man von seinem Herzfehler nichts. Nun bin ich bei Deggendorf über die Donau und habe in Obergessenbach Quartier bezogen. Sehr gut habe ich es getroffen. So viel Fleisch, wie ich hier bekommen habe, hast du nicht für 8 Tage zur Verfügung. Leider dürfen wir immer nur 1 Tag bleiben. Das Wetter war bis auf gestern, wo es fürchterlich regnete, sehr schön. Auch heute ist es noch windig und kalt, jedoch wird es schon wieder werden. Verschiedene Radios habe ich unterwegs repariert und dafür Speck und Zigaretten erhalten. Du siehst, ich schlage mich durch. Der Krieg macht mir allerdings noch Sorgen. Gehofft habe ich, daß am 20. etwas Entscheidendes passieren würde, jedoch ist nichts eingetreten. Vermutlich wird auch nichts mehr kommen. Jetzt wird schon in Berlin gekämpft und das wird das Ende sein. Leider kann ich nichts machen, sondern muß tatenlos zusehen wie alles kommt. Am Walchensee werden sie uns wohl auch auflösen und an die Front schicken. Wir 12 Männeken können es jedoch auch nicht mehr halten. Wenn ich nur wüßte, was aus uns nach dem Ende wird? Ob ich auch noch zum Aufbau ins Ausland muß? Unser Herrgott wird sich unserer schon annehmen. Bei meinen Quartiersleuten ist der Sohn vor ca. 8 Tagen gefallen. Schade um jedes Menschenleben, daß auf diese Weise jetzt noch geopfert wird. Hoffentlich geht es Euch 3 noch gut. Es ist ja furchtbar, wenn man keine Nachricht bekommt. Was wirst du dir Sorgen machen. Ich kann es jedoch nicht ändern. Vermutlich werden die anderen Soldaten auch nicht schreiben können. Aber lange kann es ja nicht mehr dauern. Seit alle 3 recht herzlich gegrüßt und tausendmal geküßt
Von Eurem Papa.
Auf baldiges Wiedersehen!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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