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Brief (Transkript)

Erich Dohl an seine Frau und Töchter am 19.09.1940 (3.2009.1998)

 

19.9.40



Meine lieben Schätzchen!

Diese Nacht hatten wir den ersten Großangriff der Engländer zu bestehen. Von ½ 11 - 3 Uhr haben wir geschossen. Da hättest Du ein Feuerwerk sehen können. Eine Pracht war es gewesen. Die Scheinwerfer waren auch blendend. Obwohl sehr trüber Himmel war haben sie die Flieger sehr oft im Lichtkegel gehabt. 3 Stück wurden von uns allein wir abgeschossen. Es sollen jedoch noch mehr gewesen sein die ins Wasser gefallen sind. Einer von den von uns gesehenen hat lichterloh gebrannt. Der Pilot ist im Fallschirm herausgesprungen. Hoffentlich ist ihm das unfreiwillige Bad gut bekommen. Ich hatte am Wasser Posten gehabt, um eventl. angeschwemmte Engländer zu retten. Verschiedene Bomben haben sie doch im Hafen abgeworfen. Wir konnten es an den Bränden sehen. Sie waren jedoch immer bald gelöscht. Der Hafen ist jedoch noch mindestens 15 km. von uns entfernt. Der Beobachter der Abteilung hat Treffer am Flugzeug vom 10. und 11. Geschütz festgestellt. Der Hauptmann war heute Morgen da und soll sich sehr gefreut haben. Es wäre alles schön und gut, wenn wir nur den Grebe nicht hätten. Heute hat er sich mit unserem Leutnant angebunden. Der Leutnant scheint ihn ja auch zu kennen. Zweimal sagte er zu ihm er solle Haltung annehmen. Sonst gibt’s nichts Neues. Grebe hat sich beim Hauptmann zum Rapport gemeldet. Hoffentlich schieben sie ihn bald irgendwohin ab. Niemand wäre froher als ich und mit mir das ganze 10. Geschütz. So jetzt kommt Ihr meine lieben Schätzchen dran. Post habe ich außer dem bereits gestern erhaltenen Brief nicht erhalten das wird wohl noch einige Zeit dauern. Ich hoffe jedoch, daß Ihr bis auf den Keuchhusten von Hiltrudchen, gesund seit. Kommen zu Euch noch oft die Flieger? Wenn wir sie hier abschießen, dann stören sie wenigstens Euch nicht mehr. Alle Nacht werden sie wohl nicht kommen. Hie und da möchten wir auch einmal schlafen. Du brauchst jedoch deswegen, weil nun Flieger gekommen sind keine Angst zu haben. Wir sind ja nicht ein Objekt in Stellung, sondern durch 12 – 15 km Wasser getrennt. Die, die im Hafen selbst in Stellung sind haben es natürlich bedeutend schwerer als wir. Selbstverständlich können wir per Zufall auch einmal etwas abbekommen. Aber wie gesagt nur per Zufall, bestimmt nicht gewollt. Der liebe Gott wird uns schon weiter in seinen Schutz nehmen. Wie geht es Euch meine Lieben? Kaufen konnte ich hier noch nichts für Euch. Ich bin ja noch nicht weg gekommen. Gestern abend war ich mit HM. Pinoth in einer Wirtschaft. Wir haben ganz gut zu Nacht gegessen. Zu trinken gab es jedoch weder Bier noch Wein, nur Limonade und Schnaps. Da haben wir halt Limonade und einige Liceure getrunken. Ein Anisett ich erinnere Dich an Oberlahnstein, war auch dabei, jedoch besser wie der damalige. Die bei uns liegende Artillerie ist heute früh abgehauen. Es kommen jedoch wieder andere. Anscheinend sind sie nur einige Kilometer weiter gekommen. Übrigens war einer von Zweibrücken dabei. Allerdings heißt er Müller und das ist ja bestimmt ein sehr seltener Name. Ich sitze zur Zeit in unserer Diele, die vornehm vollständig reizlos ist. Ein sehr schöner Anblick. Vorne der Rasen mit dem Geschütz dann das Meer und im Hintergrund der Hafen. Hinten dem Hafen, ca. 150 km weit, wird wohl England liegen. Die Sonne scheint so schön und ist es sehr schön warm hier. Jedenfalls bedeutend wärmer als in der Eifel. Es wird jedoch auch hier Winter und damit kalt werden. Hoffentlich ist bis dahin der Krieg aus. Was wäre es doch schön auf der Welt, wenn jeder seine Arbeit und damit sein Auskommen hätte und es keine Kriege gäbe. Aber wir können es nicht ändern. Wir können nur den lieben Gott bitten, daß der Krieg recht bald zu Ende ist und ich und Ihr gesund bleiben. Es wird schon werden. Das ist nun schon wieder die letzte Seite von meinem belgischen Schreibblock. Ich habe mir einen französischen in Dinan gekauft. Wenn der dem Ende zugeht hoffe ich, daß der Krieg zu Ende ist oder wenigstens, daß das Ende vor der Tür steht. so viel wie im letzten Jahre habe ich sicher noch nicht in meinem ganzen Leben geschrieben. Ich schreibe jedoch sehr gern für Dich mein lieber Schatz. Hoffentlich kann ich Dich damit etwas beruhigten und hast Du Freude dran. Bleibe mir wie Du warst, lieb und treu, dann bin ich mit Dir sehr zufrieden. Wenn der Krieg alle ist werden wir die Unannehmlichkeiten bald vergessen haben, die er mit sich brachte. Man muß zufrieden sein wenn man gesund ist und bleibt. Für Dich ist das Einsame bestimmt schlimmer als für mich. Dafür muß ich mich mit Menschen herumärgern, die ich im Zivilleben bestimmt nicht ansehen würde. Wie Du geschrieben hast sind meine Eltern wieder verreist. Wohin denn? Hat mein Vater denn noch Urlaub? Oder ist er etwas wieder kränker geworden? Theo schickt noch prompt die Zeitung. Selbstverständlich ist sie oftmals schon sehr als. Aber besser als keine ist es immernoch. Die Partei hat mir auch wieder einmal ein Büchelchen geschickt. Hie und da lassen die etwas von sich hören. Was schreibt Baier. Ist er noch in Frankreich? Auch von Karl habe ich schon länger nichts mehr gehört. Ich glaube jedoch, daß ich jetzt ihm an Entfernung näher bin als Ihr. Gestern haben wir von den Fischern Fische gekauft. Flundern oder Schollen ich weis den Unterschied nicht. Ganz platte Dinge. Sie sollen sehr gut und teuer sein. Wir haben für ein paar Pfund 1.- bezahlt. Ich habe noch keine gegessen. So jetzt habe ich Dir wieder einmal alles Berichtet was mich so bewegt. Es ist halt immer das alte Lied „Heim zu meiner lieben Frau und den Kindern“. Die Zeit wird jedoch hoffentlich bald sein wo wir wieder Zusammen sein können. Hat eigentlich Gröben die Strümpfe abgeschickt? Ich bin gespannt ob sie ihn als Flieger nehmen. Jedenfalls wird er nochmals zu uns her kommen bevor es so weit ist. Ob er überhaupt in diesem Kriege noch zum Fliegen kommt ist noch eine Frage. Ich will nun schließen. Seit weiter lieb, Brav und gesund und seit vielmals gegrüßt und geküsst von Eurem lieben
Papa.

 

 



Ansicht des Briefes

 

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