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Brief (Transkript)

Karl Nünnighoff an seine Eltern am 13.8.1941 (3.2008.1388)

 

Rußland, den 13.8.41.



Liebe Eltern!
Wir befinden uns seit heute Morgen ¼ vor 3 Uhr schon wieder auf dem Marsch. Die Sonne brennt uns heiß auf die Birne, dazu kommt die unheimliche Hitze des Motors, daß die ganze Sache noch steigert und ein undurchdringlicher Staub. Da ich irgend einen Hirnschlag bekommen könnte, habe ich gleich zwei Briefe in einen mit großer Mühe ergatterten Umschlag gesteckt. Wir sind heute Morgen schon wieder 40 km feindwärts gefahren. Endlose Kolonnen von Gefangenen Russen kommen uns entgegen, uns mit fröhlichem Lächeln mit dem deutschen Gruß grüßend, alle sind glücklich, daß für sie der Krieg zu Ende ist. Dann kamen wir an einem zurückgelassenen Troßhaufen von etwa hundert Gefangenen vorbei. Als sie unsere Panzer im Morgengrauen erblickten, haben sich die Mannschaften gleich ergeben, annähernd 500 Mann. Überall am Horizont vor uns stiegen schwarze Rauchwolken gegen den Himmel, ein Zeichen brennender Öltanks und Fahrzeuge. Dieser Rauch wird immer unterbrochen durch riesige Explosionen, die dann unheimliche Stichflammen hervorrufen. Unser Weg führt meist mitten durch die endlosen Felder. Hier im Südosten sind meist die Getreide schon eingebracht, aber die Stoppelfelder hatte der Russe auf seinem „siegreichen Rückzug“ angezündet, um unseren Vormarsch zu hemmen, aber trotzdem geht es weiter voran. Mehrmals schon, begegneten uns Ungarische Soldaten, das gibt jedesmal eine freudige Begrüßung. Vorige Tage habe ich zum ersten Mal erfahren, daß es Sonntag war während des Rußlandfeldzuges und da habe ich gesagt, jetzt wollen wir uns mal einen guten Tag antun. Da sind wir hingegangen, mein Funker und ich und haben uns Omletts, gefüllt mit gekochten Äpfeln gebraten bzw. gebacken, ich kann Euch sagen, das war eine Sache, Eier hatten wir ja genug zur Verfügung. Genau nach dem Rezept müßt Ihr sie mir mal backen, wenn ich einmal nach Hause komme. Tags darauf haben wir uns Reibekuchen mit Aprikosen zum Abendbrot gebraten, also mein Funker, der macht das wie zu Hause und dann fühlt man sich nicht einsam. Auch Bratkartoffeln haben wir uns schon sehr oft gemacht, das ist jedesmal eine Delikatesse. Ihr seht also, daß wirs uns ganz nett machen auch mitten im Kriege. Sonst wüßte ich nichts besonderes zu berichten. Ich bin noch gesund und munter, dasselbe hoffe ich auch von Euch. Post haben wir schon mehrere Tage keine mehr erhalten. Wollen hoffen daß auch die bald eintreffen. Nun möchte ich schließen. Seid alle herzlich gegrüß von Karl

Gerade höre ich von meinen Kameraden, daß der Rundfunk eine Sondermeldung über einen großen Angriff auf die Stadt Nikoljewo gegeben hat, auf diese Stadt haben wir heute geschossen. Wenn Euch allerdings dieser Brief erreicht, sind wir schon lange wieder irgendwo anders.

 

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