Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Heinrich Wendel an eine Freundin am 12.07.1941 (3.2009.0056)

 

Kühlungsborn, den 12.VII (1941)



Liebe Dora!

Für Deinen lb. Brief, den ich gestern erhalten habe, herzl. Dank. Es hat mich sehr gefreut, daß Du meine Karte so schnell beantwortet hast. Dein Schwesterlein könnte sich daran ein Beispiel nehmen, sie ist in letzter Zeit sehr schreibfaul geworden. Nun will ich vorerst Deine Fragen der Reihe nach beantworten. Wie es mir auf See gefällt? Liebe Dora, so weit ist es noch nicht, ich bin noch immer erst an der See. Allerdings kann ich in nächster Zeit ein Bordkommando bekommen. Vielleicht! Es kann aber auch sein, daß ich zuerst auf Schule muß. An der See gefällt es mir landschaftlich ganz ausgezeichnet. Trotzdem, die landschaftlich ganz ausgezeichnet. Trotzdem, die Berge werde ich nie vergessen. Daß Du aber über Dein neues Tätigkeitsfeld so jammerst, kann ich nicht verstehen. Sogar die Haare willst Du Dir ausreißen. Da bricht schon wieder Deine Rabiatheit durch. Jetzt könnte doch eigentlich Dein Sepp Dich mal Sonntags besuchen, wo er doch jetzt in München ist. Oder umgekehrt, Du könntest Ihn besuchen, u. Deine Verehrer in Garmisch, Bad Tölz usw., die sonntags immer von Dir aufgesucht werden, einmal sitzen lassen (Nach diesem Satz, glaube ich, darf ich froh sein, daß ich außer Deiner Reichweite bin) Liebe Dora, Du schreibst, Du hättest täglich 31 Kinder, wie machst Du das nur? Andere Frauen bekommen im Jahr ein Kind, höchstens zwei. Tolle Sachen treibst Du!
Wie’s mir im allgemeinen gefällt? Nun, in Saßnitz wo wir 6 Wochen Grundausbildung erhielten, da verfluchte ich es oft, daß ich mich freiwillig meldete. In Punkto: Dienst nämlich. Denn alles, was recht ist, aber das war kein Dienst mehr, das war eine dauernde Schleiferei von morgens bis abends. Von Freizeit überhaupt keine Spur. Na, das ist jetzt endlich vorbei. Hier in Kühlungsborn, führen wir ein Leben wie Gott in Frankreich. Wie ich Dir schon mitteilte schlafen wir in Federbetten. Was das Essen anbelangt, ich kann nur sagen: in 114 Tagen habe ich 4 Kilo zugenommen. Zur Zeit herrscht hier eine unheimliche Hitze (35 Grad im Schatten) (daher auch meine verheerende Schreiberei) Täglich stürzn wir uns in die kühlen Fluten der Ostsee. Obwohl die auch nicht mehr kühl sind u. Temperatur von ungefähr 25 Grad haben. Dann liegen wir am schönen Strand in der sonne, die uns schon zu Negern gebrandmarkt hat. Wie mags jetzt wohl am Aschauerweiler umgehen? Schön u lustig wars ja immer dort! Nicht wahr?
Für heute will ich Schluß machen, denn ich schwitze schon wieder, daß mir der „Batz“ links und rechts „obarinnt“. Es grüßt Dich also recht herzl.
Dein Heini
Ahoi ! Juhui!

 

top