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Brief (Transkript)

Adolf Dick an seine Frau Marieluise am 10.12.1943 (3.2002.7565)

 

Rußland, den 10. Dez. 1943.



Meine liebe gute Marlies!

Das Weihnachtsfest rückt immer näher und so wird es Zeit, meine kleinen Gaben an euch zu senden. Gern hätte ich sie euch selbst gegeben, doch es geht nicht nach unseren Wünschen und wir müssen wieder einmal getrennt das schönste Fest des Jahres begehen. Du hast die Kinder um Dich, während ich nur Eure Bilder habe. Aber in Gedanken werden Eure Bilder klar u. deutlich sein. Wie werden sich die Kinder über den dieses Jahr schlichten Baum erfreuen? Auch der Jüngste wird schon seinen Spaß an den vielen Lichtern haben. Wie war Margarete doch immer so niedlich an diesem Abend. Ich denke noch an den Heiligen Abend, wo wir alle bei uns in der Wohnung waren u. Margarete die Geschenke verteilte u. nachher wieder einzog. Wir haben ja Aussicht, das Gleiche nochmals bei unserem Hanspeter zu erleben; denn bis dahin dürfte der Krieg wohl vorbei sein. Darum mein liebes Frauchen sei an diesem Abend nicht traurig, sondern freue Dich mit Deinen Kindern wie ich mich hier mit meinen Kameraden freuen u. erbauen werde. Ich werde dann wohl grade zur „Mutter der Kompanie“ ernannt sein. Im Augenblick habe ich noch die gleichen Sorgen wie Du, nämlich die, wie ich am besten meine viele Arbeit erledigt bekomme. Wenn der Russe uns in Ruhe läßt, wird es schon werden. Durch einen kleinen Umbau wird unser Raum jetzt ganz schön warm, für das, was manchmal fehlt, sorgen Pelzweste, wattierte Hose u. Filzstiefel. Ich habe sehr schöne Pelzhandschuhe bekommen u. bin somit gut für den Winter versorgt. –
Mein kleines Paket will versuchen, auch Euch ein wenig zu versorgen. Für Dich habe ich endlich Deine warmen Schuhe. Wenn sie nun nur nicht zu schwer geworden sind. Doch dafür werden sie länger u. wärmer halten. Dort werden sie schon das Richtige sein. Du kannst schon mal mit nach draußen gehen. Die Seife wird Dir auch willkommen sein. Der Kamm wird Dir ebenfalls ganz dienlich sein können; wenn Dein Atte Dich manchmal im Urlaub rau machen wird. Die Dose Fisch ist noch von der ganz alten Sorte. Sie wird Dir munden oder wird sie noch leben wenn ich wieder für kurze Zeit bei Dir bin? Auf so ein schönes Abendbrot freue ich mich heute schon wieder. Haben wir es uns in der letzten Zeit doch so gemacht, wie in den ersten Jahren unserer Ehe. Damit Du abends auch mal ausgehen kannst, bekommst Du eine Taschenlampenbatterie u. eine Ersatzbirne im Cebion-Karton. Zur allabendlichen Lektüre im Bett ein Soldatenheft mit Kalender, damit Du anschreiben kannst, wann Du mir schreiben mußt bzw. mir zuletzt geschrieben hast. Etwas Christbaumschmuck ist auch darin. Nun kommt das, worüber ich mich am meisten gefreut habe. Es sind einmal eine große u. kleine Tafel Schokolade zu Weihnachten u. zur Überstehung der Vorweihnachtszeit nochmals eine große Tafel. Ich war direkt glücklich, als ich letztere heute noch im letzten Augenblick eintauschen konnte. Ganz zum Schluß marschieren verschiedene Rollen Drops. Für Margarete habe ich eine Butterbrottasche machen lassen. Ich hatte mir was Schöneres darunter vorgestellt. Du mußt sie unbedingt schwarz färben lassen. Dadurch wird sie sehr gewinnen. Jedenfalls ist sie besser als gar keine. Margarete wird sich über die Schokolade u. die Buntstifte auch noch freuen. Ernstludwig schneidet am besten ab mit seinem Wagen und Pferd. Es war ein schüchterner Versuch u. dafür ist es schon ganz nett geworden. Herr Weitemeyer sen. wird Dir den Wagen zusammensetzen; wenn Du es nicht können solltest. Es ist zwar nicht schwer. Du brauchst nur den Nagel durch leichte Schläge durch den Unterbau zu treiben. Ein oder zwei Rollen Drops auf dem Wagen werden sich ganz gut machen. Die Schulterklappen sollten unsere Esten haben, aber sie wollten sie nicht, weil sie denen der Russen ähnlich sehen. Wie gefallen Dir die Ledersohlen? Nur für den Hanspeter habe ich nichts. Was soll ich dem kleinen Mann auch schon machen? Vielleicht bekommt aber Lieker in Hannover noch etwas Spielzeug, was er Dir dann schickt. Man muß ja sehen, daß etwas zusammenkommt. Nun hätte ich wohl alles aufgezählt u. will zum Schluß kommen; denn die Zeit zum Schlafen rückt heran. Außerdem will ich dies Paket durch besonderen Brief noch ankündigen. Ich hoffe, daß Ihr auch an diesem 5. Kriegsweihnacht wieder zufrieden seid. Auch Du, wo Du doch alles Schöne um Dich an Werten verloren hast. Doch ich weiß, Du bist ein tapferes Frauchen u. weißt auch wohl harte Schläge hinzunehmen ohne zu verzagen. Der erste Schritt zum Aufbau ist ja getan. Dein Küchenschrank wird wohl inzwischen „eingerollt“ sein.“ So hast Du wieder die Freude über jedes Stück was hinzukommt. Liebe Marlies, soeben kommt eine große Arbeit, die eigentlich diese Nacht noch erledigt werden müßte. Aber ich werde mich schlafen legen. Ich möchte Dir nun alles Gute u. Schöne für die Festtage wünschen u. daß Du sie in bester Gesundheit mit unseren Kindern verlebst. Laß Dich u. die Kinder herzlich u. tausendmal innig küssen von Deinem Dich immer heiß liebenden
Atte

 

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