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Brief (Transkript)

Peter W. an seine Verlobte am Weihnachtsabend 1943 (3.2002.7401)

 

No 19

Lida, am Weihnachtsabend 43.



Liebste mein!

Nun geht der große Festtag seinem Ende zu. Nicht schöner kann ich ihn beschließen, als wenn ich Dir von all dem erzähle, was ich seit gestern nachmittag an Erhabenem und Herrlichem erlebt habe. Zunächst die Vorgeschichte. An allen Vorbereitungen, die bei uns getroffen wurden, konnte ich aus Erfahrung anderer Jahre vorausahnen, wie alles verlaufen würde. Aber wie dem vorbeugen. Du weißt selbst, solche Feiern sind „Dienst“ an dem man sich eben nicht vorbeidrücken kann. Zu guter Letzt kam mir ein rettender Gedanke. Ich rief den guten Schmidbauer an und bat ihn, er solle mich bei unserer Einheit abfordern als „Organist“. Und er hat es auch fabelhaft gedreht. Gleich gestern Morgen bekam ich vom Kdo-Führer Bescheid, daß ich mich zum Abend beim Standortpfarrer zu melden habe und zu seiner Verfügung stünde. So habe ich mich nach Einbruch der Dunkelheit auf den Weg gemacht durch die weiße Winterlandschaft. Es war gar nicht so kalt und es ließ sich wunderbar wandern. Aus den kleinen Häusern rechts und links der Straße fielen schwache Lichtschimmer und manchmal hörte man Kinderstimmen. Ich summte so manche Weihnachtsmelodie und Choräle und rechte Stimmung zum Fest zog bei mir ein. Der Weg von fast einer Stunde fiel mir also garnicht lang. Gegen 1830 war ich also beim guten Schmidbauer. Wir hielten noch ein kurzes Plauderstündchen, dann mußte er zur Weihnachtsfeier der Einheit. Ich lauschte noch der Sendung „Glocken der Weihnacht“ mit all den herrlichen Glockenspielen der Heimat. Dann besuchte ich einen Kameraden meiner Einheit der im Lazarett lag. Aber bald schickte Schmidtbauer seinen Küster, ich sollte doch die Weihnachtslieder für die Feier begleiten. So kam es, daß ich also bei der Einheit auch die Feier miterlebte. Ich muß sagen, sie war recht schön und familiär, garnicht ausgelassen. Ein Schwesternchor sang einige recht hübsche Hirten und Wiegenlieder. Um 2230 gingen wir dann ins Soldatenkino, wo die Nachtmette gefeiert wurde. Wir trafen noch die letzten Vorbereitungen während sich schon der Raum füllte. Um 2330 begannen wir mit der Krippenfeier. Nach drei Strophen von „O Heiland -“ sprach ich einen Adventsruf. Dann die 4. Strophe. Dann sprach Krgspf. Schmidbauer einige Worte zur Vorbeitung auf die Weihnachtsbotschaft, die dann ein Soldatenpriester in deutscher Sprache sang. Dann auf der Blockflöte „Kommet Hirten“. Der Schwesternchor sang darauf das „Wiegenlied“ mit einem herrlichen Altsolo und Violinbegleitung durch einen Oberzahlmeister. Gemeinschaftlich wurde nun „In Bethlehem geboren“ gesungen, zugleich als Eingangslied zur Mette selbst, die als Levitenamt gefeiert wurde. Feine Dalmatiken und Meßgewand hatte der Pfarrer des Ortes (kath. polnische Gemeinde) uns gestellt. Als Gradualeinlage sang ich das „Alma Redemptoris Mater“. Zum Offertorium sangen die Schwestern wieder ein Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ und zum Communio „Vom Himmel hoch da komm ich her“ Zur Wandlung spielten zwei Blockflöten „Stille Nacht“ und den bekannten Tiroler Weihnachtsjodler. So wurde die Mette gewiß zu einem tiefen Erlebnis für alle Teilnehmer (gut 250 Mann, eine nicht erwartete Zahl für unseren Standort). Um 9 Uhr war dann wieder feierliches Amt, das sogar mit 300 Landsern gut besucht war. 1030 war im Lazarett nochmals eine hl. Messe. Krgpf. Schm. hatte mir ein Quartier besorgt und so brauchte ich den weiten Weg in der Nacht nicht zu machen. So bin ich denn erst gegen Mittag wieder heimgekommen und es zeigte sich, daß ich gut daran getan hatte, hier rechtzeitig die Flucht zu ergreifen. Weiterer Kommentar überflüssig. Du siehst ich konnte wirklich eine Weihnacht des Herzens feiern. Morgen werde ich Dir noch einiges Andere erzählen. Leb für heute wohl! In stillem Glück des Herzens umarme ich Dich. Das Christkindlein möge Dich segnen und Dich besonders im kommenden Jahr schützen und leiten! Nimm hier einen tiefen Kuß von Deinem

Peter – der ja nur Dein ist auf immer

 

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