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Brief (Transkript)

Johannes Hamm an seine Ehefrau am 11.08.1942 (3.2002.7184)

 

U.O.11.8.42



Liebe Käthe!

Seit einigen Tagen rollen wir unaufhörlich bei glühender Hitze bis zu 400. Drei Monate hat es in dem Dorf nicht geregnet, das wir gestern abend aufsuchten. So etwas von Staub kannst Du Dir nicht vorstellen. Nach ? Stunde ist man schwarz wie ein Mohr. Auf der mit Creme gegen die Sonne eingeschmierten Gesichtshaut haftet er millimeterdick. Dazu unerbittlich die Sonne auf den ungeschützten Schädel. Trotz allem herrlich, dieses Vorwärtsrollen, wenn wir auch bisher keinen Schuß abgaben. Heute sah ich die ersten Kamele. Wir haben außerdem einen ganzen Eimer Pfirsiche zu 3 Mann aufgefuttert, dazu jeder eine große Melone und echten Bienenhonig. Ich könnte Dir den ganzen Brief vollschmieren mit unserer Völlerei, aber ich will Euch daheim nicht unnütz reizen.
In I. feierten wir noch einen sehr schönen Abschiedsabend mit offenem Lagerfeuer. Je 3 Mann 2 Flaschen Rotwein. Wir sangen Soldatenlieder und das Lied vom Stjenka Rasin. Ich las mein neuestes Gedicht vor. Es war die rechte Stimmung. Dieses kampieren unter freiem Himmel unter dem Sternenzelt ist unvorstellbar schön. Zum Schluß reichte der Chef noch einige Pullen Steinhäger raus. Ich band dann dem Spieß eine Kuh an’s Zelt, damit diese damit loszittern sollte. Leider kam die Panjefrau dazu und jammerte wie ein kleines Kind. Als ich ihre Kuh wiedergab, fiel sie mir zu Füßen, um meine Füße zu küssen. Solche Sklavennaturen sind das hier.
Eigentlich sollte der Brief länger werden. Aber eben heißt es, sofort Post abgeben. Heut nacht einige Tropfen Regen. Leider zu wenig. Es ist tropisch schwül. Eine ganze Reihe ist schon nicht mehr auf dem Posten. Die große Hitze und das viele Essen dürften schuld sein.
Von russischen Fliegern ist nichts zu spüren. Man merkt kaum etwas vom Krieg bei uns, anders bei unserer 3. Abteilung, wo unter anderem ein guter Bekannter, der mit mir in Celle umgeschult wurde, fiel. Lt. Bussemer. Tragisch für die junge Frau, die vor kurzem ihr erstes Kind bekam.
Du liegst nun sicher am Ostseestrand im Sand und aalst Dich. Die Kinder werden schippen und Sandkuchen backen. Abends gehst Du dann sicher bummeln und läßt Dir von den Badeschönen den Hof machen. Dafür komme ich vielleicht bald dorthin, wo die Sklavenhändler des türkischen Sultans die hübschesten Frauen für den Harem aufkauften. Angeblich sollen dort die schönsten Menschen leben. Bis jetzt sah ich allerdings nur Spinatwachteln, Zimmtziegen und protzbusige [?] Russenschlampen.
Das Geburtstagsgeschenk, sowie eine weitere Rolle mit 2 Aquarellen, 1 Bleistiftzeichnung und 1 Umschlag mit 1 Aquarell von der Feldküche sowie Bleistiftzeichnungen von Wasserfaß [?], russ. Bauern, gab ich Urlaubern mit; bestätige mir sie bitte.
Ich hoffe, daß es Dir recht gut geht, desgleichen den Kindern und daß Du von Deinem Bruder gute Nachricht hast.
Herzliche Grüße und Küsse
Dein Hans

 

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