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Brief (Transkript)

Hellmuth H. an seine Familie am 28.05.1940 (3.2002.7139)

 

28.5.40



M.l.B!

Da Du heute sicher viel an mich denkst, will ich - obgleich noch immer keine weitere Post uns erreicht hat - wieder einmal schreiben, wenn auch nichts Neues sich ereignet hat. Es geht langsam nach W, vor uns unzählige Mengen Militär, das als moderne motorisierte Truppe eher an den Feind kommt als wir, die wir in mittelalterlicher Weise durch Staub und Regen, Sonne und Matsch latschen; wir sind, glaube ich, die letzten Marschierer der Kriegsgeschichte der Erde. Die halbe Kompanie hat kaputte Füße und ich bin der zweitälteste, der ohne jede Erleichterung (Radfahren usw.) alles Bisherige mitgemacht hat; dabei war ich noch nie halb so schlapp, wie damals, als ich vom Sarntal-Ausflug nach Latzfons nachts heraufgestolpert kam; weißt Du noch, wie schön es damals war, mein Liebes! Wie der Dicke so fleißig berggestiegen ist?!* Wir haben heute einen Ruhetag; es wird fleißig gewaschen, Sachen repariert und vor allem geschmurgelt; außer der sehr ordentlichen offiziellen Verpflegung, zu der u. a. eine Tafel Schokolade und abends ein großes Stück Wellfleisch von einem requirierten Schwein gehörte, gab es aus eigener Initiation ein halbes Huhn, Rotwein, sehr starken Bohnenkaffee (den ich zur Feier des Tages für die Truppe aufgetrieben hatte), u. geschmorte Stachelbeeren. So ist es nicht alle Tage, aber Hühner und Rotwein sind bisher immer aufzutreiben gewesen. - Wir sind jetzt wieder ziemlich weit von der Front entfernt, am Ende eines langen Heerwurms und haben wenig Chancen, vorläufig eingesetzt zu werden; also wieder wie in Polen sogenanntes „Entenbataillon", hier besser „Hühner - oder Rotweinbataillon". Leute mit Phantasie glauben schon an den Einsatz in England. Soviel wir Nachrichten hören - das ist allerdings nur mangelhaft - geht ja der Krieg in Frankreich wohl seinem Ende entgegen, auch ohne daß der „Welsche“ eingegriffen hat. -
Nun hoffe ich nur, daß unsere Post so pünktlich wie seinerzeit aus Polen die Heimat erreicht, auch wenn wir vorläufig keine bestätigende Post erhalten. Dann hast Du keinerlei Anlaß zu Besorgnissen und kannst im Gegensatz zu sicher sehr vielen Frauen ganz ruhig sein.
In Liebe Dein Hellmuth.

*„Mister Blank“ sitzt beim LKW auf; ich glaube, es wäre sonst ein Bild der Jammers.

Gestern habe ich in einer Schule gekramt, neben der - unter Mitnahme einiger Häuser- ein frz. Bombenflugzeug abgestürzt war, wobei die Bomben losgingen; es sah phantastisch aus, wenn auch der Ort offenbar schon geräumt war. Der Photo wird jetzt mit Zwischenring und Tele-Vorsatzlinse benutzt und ist so - allerdings etwas umständlich - voll einsatzfähig.
Bitte zahle auf beiliegender Zahlkarte 6,55 RM ein. Die 20 RM hast Mutterle doch mitgegeben?! Bitte zähle zusammen, was Du bisher (seit Februar) - mit den 30 RM an die Eltern - an mich an Geld geschickt hast, einschließlich der 6,55 RM. Du hast ja wohl alles aufgeschrieben. Augenblicklich sammelt sich wieder Geld an.
Hast Du schon die Plattenfibel und -prospekte besorgt und Vorschläge zur Anschaffung in Lahr?!

 

 



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