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Brief (Transkript)

Hans-Joachim S. an seine Frau am 16.10.1944 (3.2002.1214)

 

Im Westen, den 16.10.44



Mein liebes kleines E.!

Noch sitze ich im gleichen Ort wie gestern. Aber schon in der vergangenen Nacht gingen 2 Offiziere weg. Heute Vormittag, wurden wieder 2 abgerufen, vor einer Stunde gleichfalls ein Offizier. Du siehst, es geht am laufenden Band und schon in den nächsten Minuten kann meine Stunde schlagen. Dieses Abwarten, dieses Ungewisse ist höchst unangenehm u. macht nervös. Wir sitzen nun schon zu Dritt im Klassenraum einer holländ. Schule. Draußen regnet es ununterbrochen, alles macht einen melancholischen Eindruck. Die feindl. Art. trommelt seit heute früh um 5 Uhr. Wir liegen zwar außerhalb ihrer Reichweite – aber wie lange noch? – So habe ich immer wieder Zeit, an die so rasend schnell vergangenen Urlaubstage zurückzudenken. Wie dankbar bin ich Deiner Entschlusskraft, die Dich bestimmte, mit nach Berlin zu kommen. Mein Wunsch war es ja auch von Anfang an – aber ich wollte die gute Oma nicht noch mehr belasten. Sie wollte sich doch eigentlich in R. etwas erholen. Statt dessen hat sie nur Arbeit gehabt. Du bist nun auch wieder in der häuslichen Tretmühle und hast alle Hände voll zu tun. Aber glaube mir, es ist tausend mal besser jetzt 20 Std. zu arbeiten und mitzuhelfen den Endsieg zu erringen, als andernfalls als Sklave für fremde Völker zu dienen. Deswegen ist auch die rheinische Bevölkerung noch von einem kaum glaublichen Arbeitseifer u. Optimismus beseelt. Die ungeheuren Terrorangriffe haben diese Menschen tatsächlich noch nicht wankend gemacht. Und wir an den Fronten müssen aushalten bis zum letzten Mann. Es gibt nur diese eine Lösung – denn am Ende steht bestimmt der Sieg – und dann geht Ihr, Du u. die Kinder bestimmt einer besseren Zukunft entgegen. So schnell wird dann kein Krieg mehr die Länder verwüsten, denn jedes Land ist dann erst einmal auf Jahrzehnte mit sich beschäftigt. Ich wäre glücklich, wenn ich durch meinen Einsatz unseren Klaus und dem Kleinsten einen kämpferischen Einsatz ersparen könnte. Trotzdem sollst Du sie zu Kämpfernaturen erziehen, damit sie niemals durch irgend einen Schicksalsschlag weich werden sondern sich stets im Lebenskampf behaupten. Dieses Ziel darfst Du nie aus den Augen verlieren, dann bin ich vollkommen beruhigt. Ich bin so schon, so stolz auf Dich und die prächtigen Beiden. Möge ein gütiges Schicksal den Kindern ihren Vater wiedergeben. Und ich will wieder zu Dir, dieser Gedanke wird mich immer stärken.
Ich küsse Dich u. die Kinder heiß u. innig.
In treuer Liebe bin ich in Gedanken immer bei Euch.
Dein Manile

 

 



Ansicht des Briefes

 

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