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Brief (Transkript)

Karl Linder an seine Eltern und Schwestern am 27.01.1916 (3.2009.0497)

 

27. Jan. 16.



Liebste Eltern u. Schwestern!

Herzlichen Dank für Euren Brief vom 22., der mich sehr gefreut hat. Euer Paket 95 habe ich auch schon erhalten, habe es halt vergessen zu schreiben. Es geht mir Gottlob noch immer gut. Wir sind gerade wieder in Stellung. Wegen der Kundschaft braucht Vater keine Sorgen mehr zu haben. Sie ist schon abgebrochen. In der Zeitung vom Montag werdet Ihr den Bericht schon gelesen haben. Könnte Euch da wieder viel näher berichten, aber es ist uns nämlich verboten worden, von solchen Sachen heimzuschreiben, nämlich von allem was an der Front vorgeht und wo wir überhaupt sind. Es kann vielleicht sein, daß die Briefe mal gelesen werden oder daß wieder eine Briefzensur eintritt. Seid aber ohne Sorge, bei unserem Regiment ist es ruhig und noch nichts in Aussicht. Unsere Gruppe ist am weitesten rechts vom Regimentsabschnitt, wir grenzen direkt an die […]. Beim Angriff derselben waren wir gerade in Ruhe hinten.
Der Tod hat auch wieder reiche Ernte auf beiden Seiten gemacht, doch ist oft auch wieder ein Erfolg mehr, ein Grabenstück. Überall kracht es inzwischen, die Infanterie ist zwar ruhig, aber man läßt den Kopf drin. Ich bin überhaupt begierig, was uns die nächste Zeit bringt. Sei es, daß es zum letzenmal richtig krachen sollte […] nochmal feste draufgeben, aber wie oft hat man das schon gemeint. Wollen wir das Beste hoffen!
Kling Karl hat erst nicht geeilt mit Urlaub fahren, obwohl er welchen bekommen hätte, er wollte später fahren u. nun das Pech, Urlaub bis auf weiteres gestrichen. Er ärgert sich schwer. Waren letztesmal öfters wieder beieinander und haben mit echtem Durst einige Maß Bier aus meinem Feldkessel getrunken. Haben miteinander 2 mal die Herrn Maschinengewehrsoldaten Gottfried, Hager, Kling Konrad u. Zimmermann in Oppy besucht u. uns immer lange und gut unterhalten. Alle sind Gefreite, Zimmermann Schorsch ist Unteroffizier. Wie lange ich noch als Gemeiner herumlaufen muß, ist mir nicht bekannt, glaube aber, daß es die längste Zeit gedauert hat, ein bißchen will ich mich schon wehren. Freue mich schon wieder auf die 5 Tage Ruhe, weil ich da meine Jugendbrüder wieder treffe, außerdem, weil ich wieder annehmbar essen u. gutes Bier trinken kann, mag es noch immer u. zwar „Viel Bier ist gut“ Zu einem Schwips kommts jedoch nicht, es geht immer schon vorher aus. Von Pischinger habe ich am 21. ein Paket erhalten mit 100 Zuban № 6, ein Glas Bergamott-Likör u. etwas Leckerlein. Euer letzter Kuchen war tadellos, Käse u. Butter ebenfalls u. richtig am Geburtstag angekommen.
Inzwischen werde ich auch das neue „1“ bekommen, auf das ich mich schon freue. Sagt Bader Vachsz. meinen verbindlichsten Dank!
Einige Fragen: Was kostet bei Euch daheim 1 [Kürzel für Pfund] Backsteinkäse, Schweizer Käse, Butter u. a. Eier, versch. Fleisch, Wurst (mit schöner Brotzeit wird es inzwischen auch nicht mehr viel sein?) Bier? Bei uns kostet 1 l 35 ₰ ,1 [Kürzel für Pfund] Backst. Käs 1,25 M. Wie lebt Ihr denn eigentlich? Ich müßt wohl recht Hunger leiden mit meinem begierigen Magen, wenn ich zuhause wäre (aber das ist mir inzwischen gleich.) Werde Euch bald wieder schreiben, für heute
die herzlichsten Grüße
Euer Karl
Das mit dem Weizen ist allerdings traurig, da habt Ihr völlig recht, aber hier hat es sich wohl nicht leicht anders machen lassen, wegen der vielen Zerstörungen außerdem sind inzwischen die Haufen alle zu Befestigungsständen verwendet. Es wird […] da ist es gut daß das Getreide eingebracht und gedroschen ist.

Auf Wiedersehen!
Ich trinke auf unser Wohl meinen aufgewärmten Kaffee.
Wollen wir das Beste hoffen!

 

 



Ansicht des Briefes

 

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