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Brief (Transkript)

Heinz M. aus Rudolstadt an Karl-Heinz M. nach Aachen am 14.08.1985

 

Hanni und Heinz M.
Rudolstadt, den 14. Aug. 85.

Liebe Elisabeth, lieber Karl Heinz, liebe Rodena & lb. Georg !

Habt vielen Dank für Eueren lb. Brf. v. 28.7. Jch hätte Euch gern schon früher darauf geantwortet, doch wir hatten viel Besuch, waren im Juli selbst verreist und z.Zt. haben wir im Garten mit der Ernte viel zu tun. –
Mit Euerer Rodena habt Jhr ja viel durchgemacht; das arme Mädel musste so leiden. Wir hoffen für Euch, dass sie alles gut überstanden hat. Sie war ja in der richtigen Schmiede. –
Wir hatten jetzt 3 Tagen unsere Gisela mit ihrem Mann bei uns. Wir sind auch mal mit ihnen nach Oberweissbach gefahren. Gisela wollte ihren Kranz auf Onkel Karl’s Grab sehen. Anschliessend waren wir bei Maria L. (Miterbin) , die uns alles zeigte. So viel alter Kram auf einem Haufen. Wir sind heilfroh, dass wir diesen Haushalt nicht mit auflösen müssen. Jm Krankenhaus in Gräfenthal (Sperrzone) habe ich meinen Bruder 13 Stunden vor seine Ableben noch besucht. Er war an Händen und Beinen abgeschnallt, lag in einem Gitterbett und die Ärzte konnten sich nicht erklären, wie er sich befreien konnte, seine Schuhe anzog – bis ihn die Nachtschwester tot fand. Jch bin mit den Franz L. gleich wieder nach Gräfenthal gefahren, um alle Formalitäten dort zu erledigen. Seine Urne habe ich 5 Tage später in Lauscha abgeholt. Unterwegs sagte mir Franz, dass sein Vater ein Testament gemacht habe, worin er die beiden Ostpreussen Flüchtlinge zu seinen alleinigen Erben gemacht habe. Als er (Franz) ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass er ja auch noch einen Bruder habe Er: “ der braucht nichts, der hat mehr als ich “
Sicher Neid und Missgunst; aber wir haben ihm auch nicht helfen können. Wenn wir ihn besuchten – nur Klagen, Jammern und wo man hinsah – Dreck . Da muss man ja den Franz danken und bewundern. Wie oft kam er von Jena hoch, hat gewaschen und das Nötigste aufgeräumt. Seine Frau, die ja auch Oberweissbacherin ist, hätte das nicht gekonnt!! Karl Heinz – Du fragst nach dem Fröbelhaus Bild mit Postkutsche. Dazu sagte mir Franz: “das hat Karl meiner Tochter versprochen, die als Kindergärtnerin tätig ist“ .
Und wegen des alten Zinntellers würde ich Dir raten, Dich selbst an den Franz L. zu wenden. – Jch komme mir jetzt oben in Oberweissbach fast wie ein Fremder vor. –
Die Urnen und Grabplatten von Liesbeth und Karl wollte der Franz nach Jena bringen lassen – wegen der Grabpflege. Doch da war ich dagegen. Der M.sche Name in Oberweissbach soll erhalten bleiben. Er hat ja auch einen guten Klang.
Jch weiss noch – gleich nach dem 1. Weltkrieg so um 1920 bestellte mein Vater bei Hauptpostamt in Berlin für seine 4 Söhne sämtliche Werte Briefmarken von 5 Pfg. bis 5 Mk. von allen deutschen Kolonien. Karl hatte meine mit zur Aufbewahrung. Jch habe sie nie gesehen. Doch was soll’s ? Die Hauptsache ist die Gesundheit; Gott sei Dank, wir sind beide gesund und zufrieden. Die Gesundheit werdet Jhr sicher auch als das höchste Gut ansehen. Jch habe einmal gelesen: “Lebe, wie du – wenn du stirbst, wünschen wirst gelebt zu haben“ .
Als wir vor etwa 14 Tagen mit Gisela und ihrem Mann in Oberweissbach waren, hat uns die Maria alte Foto’s, alte Briefe Urkunden und eine alte Bibel mitgegeben. Wir wollten das alles nicht und baten Gisela, das Zeug doch mitzunehmen. Leider, leider, denn wegen dieser “Antiquitäten“ wurden sie an der Grenze über 2 Stunden restlos gefilzt. Das ganze Auto wurde ausgeräumt – und als Gisela sagte, dass sie das alles wegwerfen od. verbrennen wolle, hat man ihr einen Karton gebracht. Es musste alles wieder eingepackt und an uns zurück geschickt werden. Als sie uns spät abends noch anriefen, waren sie noch so aufgeregt und froh, wieder zu Hause zu sein. Ja, Jhr wisst gar nicht, was Freiheit bedeutet. Nun – uns geht es gut; wir geniessen jeden Tag, sind dem Herrgott dankbar dafür. Jn 14 Tagen fahren wir zu guten Leuten nach Spittal (Kärnten) da freuen wir uns jetzt schon darauf. Euch hoffen wir alle Viere wieder gesund und in alter Frische. Mit der Arbeitsstelle ist es sicher nicht so tragisch, es geht doch drüben wirtschaftlich wieder aufwärts. –
So wünschen wir Euch alles Gute und bleiben mit
lieben Grüssen Euer
Onkel Heinz
+ Tante Hanni.

 

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