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Brief (Transkript)

Familie K. aus Dresden an Familie M. nach Aachen am 12.07.1979

 

Dresden, 12.07.79

Meine lieben vier Möllers!

Nun wird es Zeit, daß ich endlich ausführlich schreibe, sonst erreicht Euch mein Brief nicht mehr, bevor Ihr – der eine näher, die anderen weiter – nach Süden reist. Seit unser Kölner Besuch abreiste, waren meine Tage reichlich mit Arbeit ausgefüllt; denn es gab für die Hausfrau allerhand an Saubermachen, Waschen, Bügeln, Stopfen etc. aufzuholen. Nur beim Einkaufen mit obligatorischen Anstellen kam mir manchmal „beim Vergleichen“ ein wenig die Galle hoch; doch das gibt sich mit der Zeit wieder; denn der Mensch ist ja zum Glück ein Gewohnheitstier. Ansonsten schmeckte die Hausarbeit wieder gut, konnte ich doch dabei immer der schönen Ferientage gedenken, die ich bei Euch verleben durfte. Ganz herzlich möchte ich mich noch einmal bei Euch bedanken, vor allem für die herzliche Aufnahme, die von Euch allen der eigentlich doch ganz fremden Tante Hanni entgegen gebracht wurde, so daß ich mich vom ersten Tage an bei Euch wie daheim fühlte und die Tage in Eurem schönen Heim mir wirklich Erholung brachten. Dazu gedenke ich natürlich noch mit besonderer Dankbarkeit all des Neuen und Schönen, was ich durch Euch erleben durfte.
Vielleicht hat Euch Gisela schon telefonisch einiges von unserer Fahrt von Köln nach Dresden erzählt. Trotzdem möchte ich Euch noch einen kurzen Bericht davon geben. Zunächst – was Euch vielleicht nicht sehr wundert – es wurde an dem Mittwoch 18.30 Uhr, bis wir beide glücklich im Auto saßen und die Fahrt beginnen konnte. Sie wurde für mich zu einem schönen Erlebnis, weil sie durch das landschaftlich so reizvolle Bergische und Gießener Land führte, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Gisela hatte sich für den Tag als Ziel Lauterbach vorgenommen (es war vom direkten Weg ein kleiner Abstecher), und es wurde gegen 22.00, bis wir es erreichten. In einem sehr guten Hotel bekamen wir noch zwei Einzelzimmer und auch ein nettes kaltes Abendbrot, so daß wir recht befriedigt bald schlafen gingen.
Von S.‘ (bzw. Tante Hildes) Seite wohnen aber auch Verwandte in Lauterbach, die gleich neben dem Hotel ein für das Städtchen außergewöhnlich großes, modernes Konfektions-Kaufhaus haben. Nach gutem Schlaf und gutem Frühstück und nachdem wir alle Koffer und Beutel wieder im Auto verstaut hatten, begaben wir uns also ins Kaufhaus, wo uns die sehr nette, sympathische Cousine herzlich begrüßte. Giselas Grund des Besuches war aber folgender: Die Mutter (oder Schwiegermutter?) der Cousine war vor kurzem gestorben, Hilde hatte eigentlich zur Beerdigung fahren wollen, konnte aber nicht, und Gisela wollte nun dafür Blumen aufs Grab legen. Wir fuhren also ins nächste Blumengeschäft, dann zum Friedhof und fanden dort nach einigem Suchen schließlich mit Hilfe des Totengräbers das Grab. Ihr werdet Euch denken können, daß über all dem der Vormittag verging, so daß wir nach kurzer Weiterfahrt beide Hunger und Durst bekommen hatten, so daß wir beschlossen, uns vor der Grenze zu stärken, was wir in Herleshausen (½ Std. bis zur Grenze) mit einem kräftigen Mittagessen taten. Die Zeit zur Grenzüberfahrt war von uns scheinbar außerordentlich günstig gewählt: erstens wenig Betrieb und zum anderen drückend heiß – gegen 14.00 – so daß die Zollbeamten absolut keine Lust verspürten, sich sehr viel Arbeit zu machen. Außer den Papieren wurde nichts kontrolliert, so daß innerhalb 40 Min. die ganze Zeremonie einschl. Geldtausch erledigt war. Mit erleichterten Herzen ging die Fahrt weiter durchs schöne Thüringer Land. Wir legten nur noch eine kurze Rast im Freien zum Durststillen ein und erreichten die Böttgerstr. in Dresden gegen 18.30, wo wir von Onkel Martin ganz erstaunt – aber trotzdem hocherfreut – empfangen wurden; denn, ein Mißverständnis, sie hatten uns erst am Freitag erwartet. Da Peter bis 22.00 Dienst hatte, holten wir ihn noch per Auto vom Betrieb ab. An den nächsten Tagen war das Wetter so schön, daß es Gisela nicht in die Stadt, sondern ins Freie zum Baden lockte. Und sie fand in der Nähe von Moritzburg ein ihr so zusagendes Bad, daß sie in den nächsten Tagen zusammen mit Peter und ihrer Freundin Magda, die ja erst am Montag vormittag per Bahn hier eintraf, noch ein paarmal einige Stunden dort verbrachte. Ich hatte den Eindruck, daß ihr sehr daran lag, sich hier etwas zu erholen. Leider sind sie ja am Donnerstag schon wieder weggefahren, da sie noch in Weimar bleiben wollten und die Freundin Sonnabend wieder in Köln sein wollte. – Ein unerfreuliches Erlebnis muß ich Euch auch noch berichten: Erst am nächsten Tag nach unserer Ankunft in Dresden stellte ich mit Schrecken fest, daß meine Kostümjacke und mein heller Regenmantel nirgends auffindbar waren. Nach gemeinsamen Überlegen kamen wir zu dem Resultat, daß ich sie in Lauterbach im Schrank meines Hotelzimmers hatte hängen lassen. Gisela schrieb sofort ans Hotel u. an ihre Cousine und wollte auf dem Rückweg nochmals über Lauterbach fahren, was sie auch getan hat; denn heute kamen beide Sachen per Postpaket aus Köln hier an – ein Stein fiel mir vom Herzen!
Doch nun, liebe Elisabeth, noch vielen Dank für Deine lieben Zeilen vom 27.6.79. Peter hat sich sehr über Euer Gedenken zu seinem Geburtstag gefreut und läßt durch mich bestens danken. Er ist gestern für 14 Tage in Urlaub gefahren in ein Betriebsferienheim bei Pfaffroda u. Olbernhau im Erzgebirge, das sehr schön mitten im Walde liegen soll. Vielleicht kennst Du, lieber Karl-Heinz, die Gegend aus Deiner Dresdener Zeit? – Am Sonntag, dem 24.6., habe ich viel an Euch gedacht und an Eure Mittagstafel von 14 Personen. Daß Dein italienisches Menü, liebe Elisabeth, prima geraten war, kann ich mir gut vorstellen.
Dir, lieber Georg, wünsche ich recht frohe Tage im Ferienlager. Übrigens muß ich mich noch entschuldigen dafür, daß ich vergessen habe, in Köln Deinen Zettel Onkel Gerd zu geben, es ging dort zu viel durcheinander. Bist Du mir böse? Den anderen drei Familienmitgliedern wünsche ich schöne Tage und gute Erholung in Lucca! Euch allen für heute ganz liebe Grüße, auch in Onkel Martins Namen, von
Eurer Tante Hanni.

Elisabeths Mutter wird
wohl mein Dankschreiben
inzwischen erhalten haben.

Meine Lieben!
Für die schönen Hemden für Peter und für mich, die bestens passen und uns sehr gefallen, bedanke ich mich – auch in Peters Namen – recht herzlich!
Euer Onkel Martin.

Aber die braune Jacke, die ich gekauft habe, paßt „meinem Guten“ leider nicht so richtig.

 

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