8. Brief
Badekow, am 1. Dez. 1948

Mein heißgeliebter Werner!

Mit großer, großer Freude und recht herzlichen Dank habe ich heute Deinen so lieben Brief vom 27.11. (Nr. 7) erhalten. Ja, mein Liebling, Posttag ist ein Freudentag. Über die Haarnadeln habe ich mich riesig gefreut. Aber, Du hast die Rechnung nicht mitgeschickt! Aber, das regeln wir, wenn ich bei Dir bin.
Ja, mein lieber Werner, doch nun zu unserer Verlobung am 8. d. Mts. Ich habe alles besorgt. Auch die Bescheinigungen zum Transport der Lebensmittel und die Reisegenehmigung u.s.w. Aber nun mein lieber Werner, wie wird es mit den Wahlen? Wie werden sie ausfallen und sich auswirken? Man macht mir ja hier so bange! Am 5. d. Mts. steigen sie doch. Ich werde also vor dem 6. oder 7. Dez. hier nicht abfahren, denn dann hört man hier vielleicht doch schon etwas näheres. Du bist mir doch hoffentlich deshalb nicht böse, mein Liebling? Siehmal man weiß ja nicht wie alles kommt! Ich würde sehr, sehr gern ein paar Tage vor dem 8. d. Mts. zu Dir kommen, aber, mein liebster Werner, ich kann es nicht tun, der Wahlen wegen. Wenn alles dort ruhig verläuft fahre ich bestimmt am Dienstag d. 7.12 morgens 5.00 Uhr ab Schwanheide. Im Radio wird man ja näheres hören. Gegen 15.00 Uhr bin ich dann in Spandau. Sonst ist alles in Ordnung. Meine „Krankheit“ ist bald vorüber. Ach, ich freue mich ja sehr, sehr auf unser Wiedersehen. Wenn es nur erst soweit wäre.
Hast Du nun die Ringe schon abgeholt? Sind sie schön? Oder sind sie noch garnicht fertig? Möglich wäre es doch?
Hier bei uns ist jetzt trostloses Wetter. Jeden Tag ist dicker, dicker Nebel, man kann von unserer Haustür nicht bis auf die Straße sehen. Kalt ist es aber nicht. Die Außenarbeit ist nun gänzlich hier beendet. Es ist ja hier auch ewig dunkel, richtig hell wird es überhaupt nicht. Doch das alles, wenn ich bei Dir bin.
Es grüßt und küßt Dich, meinen, über Gut und Geld geliebten Werner, deine sich immer nach Dir sehnende und Dir ewig treubleibende
Ida