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Brief (Transkript)

Ida F. aus Schwartow an Werner M. nach West-Berlin am 23.07.1947

 

3. Brief Schwartow, am 23.Juli 1947

Mein lieber Werner!

Alles, alles bleibt jetzt liegen und Du mein lieber Werner bekommst zu allererst einen Gruß.
Heute am Mittwoch habe ich Deinen lieben Brief v. 15. d. Mts. erhalten. Ach wie habe ich mich über Deine lieben Zeilen gefreut und ich danke Dir ganz, ganz herzlich dafür. Deine so lieben und herzlichen Worte, mein lieber Werner, haben mir direkt wohlgetan. Man sehnt sich einfach danach. Ich fühle mich mit Dir schon viel, viel mehr verbunden als es tatsächlich der Fall ist. Es war eben Schicksal, daß wir uns seinerzeit am Bhf. Zoo treffen mußten.
Die Fahrt habe ich gut überstanden. Es war gewiß nicht einfach, aber trotzdem komme ich sobald als möglich wieder nach dort das heißt, selbstverständlich nur zu Dir, denn, wenn man ein schönes Ziel hat nimmt man schon die Strapazen auf sich. Es war bedauerlich, daß wir uns auf dem Bhf. Spandau nicht mehr sehen konnten, aber es half eben nichts. Hauptsache Du bist gut nach Haus gekommen.
Auch mir macht die Arbeit seit ich von Dir zurück bin gar keine Freude mehr. Das ist aber die volle Wahrheit. Es fehlt mir einfach etwas. Und das bist Du mein lieber, lieber Werner. Hier hat es mir ja eigentlich noch niemals gefallen, aber neuerdings finde ich es ganz, ganz trostlos! Es ist nur gut, daß ich tagsüber meine Arbeit habe und abends totmüde ins Bett falle, ich wüßte wohl nun mit mir selbst nichts anzufangen. Ist es nicht sonderbar, daß es in meinem vorgerückten Alter so etwas überhaupt noch gibt?
Aber ich lebe und zehre von den schönen Stunden unseres letzten Zusammenseins, - und freue mich selbstverständlich schon wieder auf unser Wiedersehen.
Vielmals danke ich Dir auch für das Päckchen Haarwaschpulver.
Wie geht es Dir sonst? Sei bitte, bitte recht vorsichtig bei Deiner Arbeit, denn ich sorge mich doch sehr, sehr um Dich.
Die Ernte ist hier bald eingebracht, aber es ist auch mancher Tropfen Schweiß gefloßen. Die große Hitze hat uns wahrlich viel zu schaffen gemacht.
Doch nun mein lieber Werner, sei bis zum nächsten Brief wieder auf das allerherzlichste gegrüßt und geküßt, - letzteres leider, leider nur in Gedanken,

von Deiner
Ida.

 

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