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Brief (Transkript)

Volker W. aus Weimar an Walter V. nach Köln am 26.11.1989

 

Dr. sc. phil. Volker W. [Straße und Hausnummer]
[Telefonnummer]
DDR Weimar 5300

26. November 1989


Lieber Walter,

für Deinen lieben Brief vom 9. November – welch ein historisches Datum – herzlichen Dank. Das, was da eingetreten ist, hätte ich mir nicht so schnell und so gründlich vorgestellt, als ich Euch im Oktober in Köln besuchte. Heute höre ich, daß der freie Reiseverkehr DDR – BRD keine Einbahnstraße bleiben soll und daß für Euch in der Gegenrichtung ebenfalls die lästigen Begleiterscheinungen – Visum, Umtauschpflicht – wegfallen sollen. Ich hoffe, daß das demnächst eintritt und Euer Besuch in Weimar nunmehr unter einem anderen Stern steht. Ich gehe auf alle Fälle davon aus, daß Du mit Luise in der Woche nach dem 7. Februar kommst.
Mit Jena habe ich noch nicht wieder Kontakt gehabt, werde aber in den nächsten Tagen im Museum anrufen und nach den Terminen fragen. Dann melde ich mich wieder. Ich hoffe also, daß alles einfacher wird und sich für alle Seiten gut lösen läßt.
Das große Reisefieber hat uns noch nicht gepackt. Ich bin sogar etwas reisemüde, habe wegen der vielen Arbeit und der hier zu lösenden Probleme sogar meinen Besuch in München, der für die erste Dezemberwoche geplant war, abgesagt. Die Verhältnisse auf den Bahnen sind mir zu unsicher. Eike hat noch keinen Reisepaß, muß ihn erst beantragen. Aber es ist schön, daß es so gekommen ist. Im Januar fahre ich höchstens schnell mal nach Berlin (West) zum de Gruyter-Verlag, mit dem ich vom Archiv aus gute Verbindungen habe. Im März nehme ich an einem Kolloquium in Basel teil, im April will ich nach München. Zwischendurch gibt es vielleicht einmal eine Gelegenheit, daß wir gemeinsam irgendwo in Thüringen für einen Tag über die Grenze huschen, damit Eike und Christian mal die Welt von der anderen Seite sehen.
Zu Deiner Frage wegen des Gästebuch-Eintrages vom 18. Juli 1923. Auch ich habe keine andere Erklärung zu der Gästeschar aus Weimar. Sie müssen wohl zum Besuch der Konstruktivisten-Ausstellung im Stadttheater gekommen sein. Es war ein Mittwoch, evtl. Öffnungstag der Ausstellung. Vielleicht gab es noch eine besondere Theateraufführung an diesem Tag. Leider kann ich das von hier aus nicht mehr so schnell feststellen, da mir die Jenaer Zeitungen in Weimar fehlen.
Liebe Luise und lieber Walter, eine Bitte zum Schluß angesichts der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage. Es ist mir von Jahr zu Jahr schwerer gefallen, für Euch etwas Passendes, Angemessenes als Weihnachtsgeschenk zu finden. Auch jetzt – wenn ich zum Beispiel in die Buchläden schaue – bin ich ziemlich ratlos. Schickt dem Christian eine kleine Aufmerksamkeit, eventuell ein Buch, direkt an ihn, und wir lassen es ansonsten dabei bewenden. Wir stehen immer ganz beschämt da wegen Eurer umfangreichen Geschenke. Versteht Ihr mich?
Ich hoffe, daß es Euch gut geht. Grüße an alle von uns aus Weimar,
herzlichst Euer
Volker

 

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