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Brief (Transkript)

Angelika S. aus Freiberg an Gerlinde T. nach Dentlein am 06.09.1985

 

Freiberg, am 6.9.85

Liebe Gerlinde!

Heute möchte ich Dir nun endlich wieder einmal schreiben.
Hoffentlich geht es Dir und Deinen Angehörigen gut, denn auch ich habe schon lange nichts mehr von Dir gehört.
Bei uns gibt es einige Neuigkeiten, wobei die meisten aber nicht gerade zum Freuen sind. Das Beste davon nun gleich zuerst – für Ende Februar 86 hat sich bei uns ein neuer kleiner S. angekündigt, der mir bisher schon tüchtig zu schaffen machte. Die letzten 3 Monate waren schrecklich, denn mir blieb fast kein Essen drin und ich habe ganz schön abgenommen. Nun scheint aber das Schlimmste überstanden zu sein.
Im Februar kommenden Jahres läuft aber mein Arbeitsvertrag ab und nun habe ich tüchtige Schwierigkeiten eine neue Arbeitsstelle zu finden. Das ist deshalb so wichtig für uns, weil beim 2. Kind 1 Jahr bezahlt wird. Hinterher möchte ich aber nicht gleich wieder arbeiten und Martin ab Januar bzw. Frühjahr aus der Krippe herausnehmen.
Er geht seit Anfang September jetzt in eine neue Krippe, die auf unserem Arbeitsweg liegt. Ursache dafür war, daß in seiner alten Röteln auftraten und er deshalb umgesetzt werden mußte. Nun konnte ich es gleich so regeln, daß er dort bleibt. Bisher gefällt es ihm nicht – er weint schon jeden Morgen, wenn er nur den Schlafanzug ausziehen soll.
Am Montag erfahre ich nun hoffentlich, was der Röteltest erbracht hat – ich selbst hatte sie noch nicht. Denke aber, daß doch alles gut gegangen ist, denn Martin und auch ich bekamen sie nicht.
Mit einer neuen Wohnung besteht überhaupt keine Aussicht, es müßte schon ein Wunder geschehen. Mir graut schon jetzt bei dem Gedanken, mit 2 Kindern noch eine Weile so wohnen zu müssen. Nächstes Jahr sollen wir vielleicht eine bekommen, falls wir als dringend eingeschätzt werden (was aber hoffentlich anzunehmen ist).
Dieter hat auch nicht die Stelle bekommen, die ihm schon zugesagt war. Grund dafür ist seine christliche Einstellung. Nun will er sich evtl. woanders bewerben.
Evtl. können wir hier in der Umgebung ein altes Bauernhaus kaufen, was aber erst rekonstruiert werden muß. Das klärt sich hoffentlich bald. Schnell einziehen könnten wir dort aber auch nicht. Müssen erst sehen, ob unsere Finanzen zum Kauf reichen. Bei all diesem Kuddelmuddel fällt es mir jetzt immer schwerer, ruhig zu bleiben und mir kommen oft die Tränen.
Das soll es von uns für heute gewesen sein. Vielleicht kann ich bald Erfreulicheres von uns berichten.
Alles Liebe und Gute für Dich und Heinrich

von
Deiner Angelika, Hans-Dieter u. Martin

 

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