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Brief (Transkript)

Angelika W. aus Venusberg an Gerlinde B. nach Bechhofen am 06.02.1979

 

Vbg, am 6.2.79

Hallo, liebe Gerlinde!

In der vergangenen Woche kam Dein lieber Brief an, für den ich mich ganz herzlich bedanken möchte. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Die beiden Karten sind ja besonders schön. Am besten gefällt mir das kleine Mädchen mit dem Regenschirm. Sie ist so richtig zum Anbeißen.
Es freut mich, daß Dir das Buch so gefällt. Ich habe das gleiche zu Weihnachten geschenkt bekommen, weil ich immer den Kirchenaushang schreibe. Es gefiel mir auch sehr gut und da dachte ich, daß ich Dir auch so eines schicken könnte. Und ich habe Glück gehabt, denn auf dem Büchertisch lag es noch einmal.
In der letzten Zeit hatte ich viel zu lernen, denn das Herbstsemester ist zu Ende und wir hatten schriftliche und mündliche Prüfungen. Gestern hatte ich die letzte mündliche Prüfung – die Physikprüfung. Nun habe ich nur noch eine schriftliche Ende Februar die Stochastikprüfung. Das ist Mathe – es befaßt sich mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Da fallen immer viele durch. Hoffentlich schaffe ich es.
Hast Du schon Pläne für den Sommer gemacht? Bei uns sind die Rüstzeitpläne schon heraus, aber ich fahre in diesem Jahr nicht. Ich habe mich für einen Zeltplatz an der Ostsee beworben und danach werde ich mit meinen Eltern noch eine Woche am Schwielochsee sein. Zuerst sollten sie den Platz nicht bekommen, denn es hatten sich schon viele angemeldet, aber zum Glück ist jemand zurückgetreten.
Am Montag (gestern) habe ich auch meinen neuen Stundenplan bekommen. Da ist mir auch etwas anders geworden. Aller vierzehn Tage habe ich freitags bis 18.00 Uhr Praktikum. Da komme ich nicht mehr nach Hause. Für mich mag es aber noch gehen, denn ich habe es ja nicht allzu weit, aber die anderen können mir leid tun, die bis Berlin usw. müssen.
Am 20. März muß ich in ZV-Lager. ZV heißt Zivilverteidigung und ist direkt im Studienplan enthalten. Das dauert fünf Wochen und man bekommt keinen Urlaub, nur ca. vier Mal Ausgang. Da darf man sich aber auch nur einige Kilometer entfernen. Da müssen wir richtig über die Sturmbahn, mit Gasmaske usw. In dieser Zeit dürfen wir auch keine Post aus dem Ausland erhalten. Da weiß ich nun noch nicht genau, was ich da mache, denn die Post wird kontrolliert. Aber vielleicht schreibst Du mir weiter und Mutti steckt alles in einen anderen Umschlag und schickt es mir. So müßte es gehen. Ich schreib Dir noch mal genau. Da redet man immer groß von Frieden und dabei müssen wir alle diese fünf Wochen mitmachen. Unsere Jungs müssen in der Zeit zur Armee. Du kannst Dir sicherlich vorstellen, wie sehr ich mich schon darauf „freue“, zumal Ostern auch in der Zeit liegt und wir nicht heim dürfen.
Für heute soll es erst einmal genügen.
Es grüßt Dich und Deine Angehörigen recht lieb
Deine Angelika.

PS: Viele Grüße auch von meinen Eltern.

 

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