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Brief (Transkript)

Hans-Eckhard L. aus dem Vatikan an Horst H. nach Stuttgart am 28.04.1979

 

HANS-ECKHARD L.
Via della Sagrestia, 17
I-00120 CITTÀ DEL VATICANO

28.4.1979

Lieber Horst!
Die Briefe von Deutschland nach Italien dauern doch immer sehr lange, umgekehrt soll es besser sein. Jedenfalls danke ich Dir herzlich für Deinen schönen Brief vom 7. April mit den beigelegten beiden Rom-Fotos.
Dein Brief klingt ein bisschen optimistischer als der vorige. Offenbar hast Du wieder ein bisschen das Gleichmaß gefunden, denn ein Schicksalsschlag, so wie Du ihn (mal wieder) erhalten hast, bringt doch ganz schön aus dem Gleichgewicht. Für diesen Konsolidierungsprozeß wünsche ich Dir viel Kraft und Zuversicht. Auch wenn wir uns nicht persönlich kennen, so sehe ich es auch gern, wenn Du mir hin und wieder schreibst. Nach Magdeburg kannst Du das in gleicher Weise tun – selbstverständlich immer mit der nötigen Vorsicht, sollte es auf einen bestimmten Punkt kommen. Meine Post wird in Mgd doch ziemlich durchleuchtet. Wenn man damit rechnet, ist das letztlich egal. Mir macht es schon lange fast nichts mehr aus. Irgendwie habe ich seit langem das Gefühl, in einem Schaufenster zu leben. Die einen oder die anderen wollen immer alles wissen – aber es gibt doch auch private Räume …
Heute komme ich Dir ein bißchen entgegengeflimmert- ich spielte mit dem Abzugsapparat. Vielleicht erkennst Du ein wenig Konturen – wie solln wir einen anderen auch wirklich erkennen. Jeder entzieht sich letztlich dem DU und bleibt er allein; willentlich und auch nicht-willentlich.
Bis Ende Juni bleibe ich noch in Rom. Im Juni selbst habe ich ziemlich schwere Abschlußprüfungen. Leider ist das Schwierigste die fremde(n) Sprache(n) geblieben. Man kann sich in einer anderen Sprache doch nicht adäquat ausdrücken und muß sich simplifizierend ausdrücken. Bevor ich abreise, möchte ich wenigstens noch ein bißchen die Sonnenstrände kennenlernen oder benutzen. Ich fahre sehr gern nach Nettuno oder Anzio – 60 km von hier. Einmal habe ich schon gebadet, aber nur für kurze Zeit- und trieb allen Italienern eine Gänsehaut über den Rücken!!
Die Sizilien-Reise war wirklich ein Maximum – besser kann es wohl nicht gehen. Wir fuhren, nachdem wir Palermo mit dem Schiff erreichten, mit dem Auto meistens an der Nordküste entlang und konnten die vielen herrlichen Reste der Kulturen vergangener Jahrhunderte entdecken. Touristen waren kaum da, obwohl auf Sizilien schon Sommer ist. Zwei Tage blieben wir noch in Paestum, südlich von Salerno, um in Ruhe die herrlichen dorischen Tempel uns anzusehen. Ich kam sehr glücklich nach Rom zurück.


Einen freundlichen Mai wünscht Dir

Dein Hans-Eckhard.

 

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