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Brief (Transkript)

Hans-Eckhard L. aus dem Vatikan an Horst H. nach Stuttgart am 14.05.1978

 

Città del Vaticano, 14.5.1978
Pfingstsonntag

Lieber Horst!

Herzlich danke ich Dir am Pfingsttag mit Bilderbuchwetter für Deinen langen Brief. Auch das beigelegte Foto aus Capri erfreut mich, denn mit meinem Fotoapparat habe ich doch etwas Pech: Die hiesigen Filme (auch Agfa und Kodak passen nicht hinein, jedenfalls habe ich noch nichts Passendes gefunden)- aus der DDR brachte ich sechs Filme mit, aber hinterher kommen doch alle und wollen noch was sehen, na ja. Mir einen neuen Apparat kaufen, möchte ich auch nicht, denn dann passen in der DDR wieder die Filme nicht und mit meinem jetzigen bin ich eigentlich sehr zufrieden.
Die letzten Wochen waren gänzlich von der Entführung Aldo Moros geprägt – man sah und hörte nichts anderes mehr. Die lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst, so könnte man die Situation umschreiben. Unser Universitätsbetrieb ist jedenfalls in keiner Weise betroffen, und so ging schließlich doch alles seinen Gang, und ich hoffe, daß es so bleibt. Ende Juni packe ich die Koffer, ich kenne noch nicht mein genaues Abreisedatum, weil es noch von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Mitte Oktober hoffe ich wieder in Rom zu sein, um meine Tätigkeit fortzusetzen. Es wird natürlich wieder einige Schwierigkeiten geben, aber ich kann doch ziemlich zuversichtlich sein. Nicht nur für Euch trägt mein Aufenthalt hier den Stempel des Außergewöhnlichen. Auch für mich, denn ich bin der einzige DDR-Bürger, der so etwas darf. Es ist gut, wenn Bodo keine weiteren Ausführungen gegeben hat, ich habe ihn sehr ernstlich darum gebeten, nichts an Dritte weiterzugeben, was nicht von mir autorisiert ist. Es ist im Sinne meines hiesigen Aufenthaltes und eines reibungslosen Verlaufes sehr nötig. Auch in Magdeburg fragt natürlich Hinz und Kunz, was denn mit mir los sei. Die Antwort könnte sein, ich studiere kath. Kirchenrecht in einem Spezialstudium an einer Päpstlichen Universität, und so ist es auch, wenn auch noch einiges dazukommt. Wenn Ihr in die DDR schreibt, dann bitte kein Wort davon, obwohl ich natürlich hier sehr offiziell zu diesem Zweck bin. In den Briefen, würde ich vorschlagen, sprechen wir, soweit es sich um mich handelt, von freundlichen Allgemeinplätzen. Ihr kennt die Situation: ich stehe jetzt auf dem Tablett. Bis zu meiner Abreise stehen noch einige schöne Tage auf dem Programm: In dieser Woche fahre ich nach Assissi, um mir die Wirkungsstätten des hl. Franziskus anzusehen, Fronleichnam feiern wir mit besonderem Pfiff in Rom: Wir halten die Prozession durch die Vatikanischen Gärten unter Mithilfe der Schweizergarde, anschließend geben die Gardisten (mit denen ich ganz gut bekannt bin- da gibt es keine Sprachschwierigkeiten) vor unserem Haus ein Platzkonzert. Kürzlich bin ich bei der Vereidigung der neuen Rekruten gewesen. Alles was so in der Gesellschaft Rang und Namen hat, fand sich im Damasus-Hof ein.
Meine zwischenzeitliche Rückkehr nach Magdeburg wird nicht ganz leicht – ich kenne es vom Vorjahr, als ich zweimal aus Düsseldorf heimkehrte – mein Vater war damals gestorben. Die Umstellung fällt nicht leicht, aber auch das ist eine Sache der Einstellung und der eigenen Souveränität. Ich mußte mich bisher schon durch meinen Beruf auf sehr verschiedene Dinge einstellen, auch in Situationen, die ich nie gelernt habe, so daß ich ziemlich zuversichtlich bin, daß die Umstellung nicht zu schwer fällt. In Mgb will ich mich einen Monat ausruhen, ehe ich weitere Dinge unternehme und dann im Herbst wieder hier bin.
Was werdet Ihr im Urlaub unternehmen, und wo werdet Ihr hinfahren?
Bodo fühlt sich- wie er mir schreibt – in seinem neuen „Reich“ sehr wohl. Ich bin darauf gespannt.

Dir und Albert herzliche Grüße
aus einer „heißen“ Stadt.

Hans-Eckhard.

 

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