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Brief (Transkript)

Fred A. aus Frankfurt/Oder an Horst H. nach [?] am 28.09.1957

 

Frankfurt, 28.9.57

Lieber Freund!

Da ich heute gerade Zeit habe, will ich mich an die Beantwortung Ihres Briefes machen und Ihnen versichern, daß ich Ihnen wegen der Beurteilung nicht böse bin. Ich kann durchaus verstehen, daß Sie wißen wollten mit wem Sie es zu tun haben und da Ihnen wegen räumlicher Trennung die Möglichkeit fehlte persönlich ein Urteil zu fällen, haben Sie eben zu diesem wissenschaftlichen Mittel gegriffen. Sie konnten ja von vornherein nicht wißen, daß dieses so negativ ausfällt und ich war nur über diese letzte Tatsache erschüttert. Ich habe doch immerhin einen Blick in meinen seelischen Spiegel getan und kann nicht sagen, daß dieses dort ersichtliche Bild gerade erfreulich war. Trotzdem soll es nun damit abgetan sein und abschließend bitte ich Sie, mir doch diesen Prospekt zu senden.
Nun zu etwas anderem: Ich scheine momentan eine ungünstige Konstelation beruflich zu haben, denn es läßt sich nicht leugnen, daß ich mit meinem Mortimer Pech gehabt habe und aus dieser Tatsache hat die Theaterleitung eine Konsequenz gezogen, die für mich ungünstig ist, man gibt mir nur noch kleine Rollen an denen nichts zu verderben ist. Vermutet habe ich dies längst, doch die jetzt herausgekommenen Besetzungen haben mir die Bestätigung dafür gegeben. Die D.D.R. scheint mir also kein Glück zu bringen und wenn dies so weiter geht, kann ich die nächsten zwei Jahre als verloren abbuchen. Ich glaube nicht, daß es mir gelingen wird aus diesem Vertrag heraus zu kommen. Dies wäre auch gar nicht ratsam, denn ich habe immerhin schon einen Vertragsbruch hinter mir und ein neuer Vorfall diesbezüglich wäre nur ratsam, wenn ich die Tapeten wechseln würde. Glücklich bin ich nicht, doch man wird folgsam.
Nun zu Ihnen: Sie schreiben mir gar nicht wie es Ihnen beruflich ergeht, oder ob bei Ihnen Fortschritte oder wie bei mir Rückschläge zu verzeichnen sind. Sie dürfen mir glauben, daß mich Ihr Wohlergehen in jeder Beziehung interessiert, und so würde ich Sie bitten mir doch diesbezüglich Anregungen zu geben.
Jetzt habe ich eine Frage an Sie: Ihre Familie sitzt doch drüben, haben Sie ein Mitglied dabei das Rechtsanwalt oder Jurist ist, oder zur Jurj Beziehungen hat. Wenn ja, dann teilen Sie mir dies doch mit, denn wenn dies der Fall ist hätte ich eine riesengroße Bitte an Sie, die aber nur ausgesprochen werden kann wenn obiges zutrifft.
So, dies wäre für heute alles und so möchte ich abschließend etwas tun, was längst fällig war, es grüßt Sie nicht mehr Ihr Freund, sondern heute tut das selbe auf das herzlichste

Dein Freund
Fred A.

 

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