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Brief (Transkript)

Familie Z. aus Erfurt an Bärbel S. nach West-Berlin am 01.07.1983

 

Erfurt, d. 1.7.83

Liebe Bärbel!
Um 19 h bin ich gut in Erfurt gelandet. In paar Minuten war ich über die Grenze. An der langen Treppe im Bahnhof Friedrichstr. habe ich um Hilfe gebeten. 14.30 war ich in Lichtenberg, und 15.10 ging der Zug vom Bahnhof B ab. Sag mal T.E. daß sie für den Ex noch einen extra Zuschlag lösen muß.
Marianne hatte mich schon am Zug erwartet. 20 Min. mußten wir noch auf ein Taxi warten und waren 10 Minuten später zu Hause. Kurz darauf kam Hannelore mit Christoph vom Garten und brachten uns Erdbeeren. Da habe ich Christoph gleich die Schuhe gegeben, sie passen ihm, und er ist überglücklich. Am 2.7. fährt Hannelore mit ihm in’s Ferienlager, da kamen die Schuhe wir gerufen. Die beiden Großen fahren heute in den Urlaub. Marianne freut sich sehr über den T-Shirt. Von dem Cognak hat sie gleich auf Dein Wohl getrunken. Dabei hatte ich ihr ja noch lange und viel zu erzählen. Frau L. habe ich heute Deine Grüsse ausgerichtet. Sie hat sich sehr nach Dir erkundigt und läßt auch grüssen. Die Bundweite von den Röcken wird ihr passen. Sie freut sich, daß ich wieder da bin, wenn sie meine Schritte nicht über sich hört, kommt ihr alles so still und einsam vor. Mit der Esserei geht es ihr genau so wie mir.
Heute erhielten wir schon einen langen Brief von Ulli. Er hat ihn einem Kollegen mitgegeben, der in Richtung Heimat fuhr. Von dem Flug bis Moskau war er sehr beeindruckt, aber nach einer 8 stündigen Bahnfahrt über schlechte Schienen kam er wie gerädert an seinem Bestimmungsort Perwomaiski an. Dort hat er in einer neuen Wohnzelle ein Einzelzimmer erhalten, aber die Wände sind so dünn, daß er den Aufbruch seiner Kollegen zur Früh- oder Nachtschicht deutlich hört. Dann schreibt er, daß er auf dem Gebiet der Ökonomie ein weites Betätigungsfeld hat, um dort eine solide Grundlage zu schaffen. Das Leitungskollektiv ist aber sehr aufgeschlossen und für jeden Hinweis dankbar. So hofft er, daß seine Arbeit dort dadurch sehr erleichtert wird. Die Verpflegung ist vielseitig und ausreichend. Über das Telefonat hat er mit Marianne gesprochen. Er hatte gerade wieder einen dicken Ärger hinter sich, und bei G. saß jemand am Fernseher, darum war er so einsilbrig.
Dir, liebe Bärbel, danke ich noch einmal für alle Liebe und Aufmerksamkeit. Ich war gerne bei Dir, nun bin ich auch wieder in meiner stillen Klause zufrieden. Bei uns regnet es heute den ganzen Tag, Marianne kommt erst spät nach Hause, ich will den Brief aber gleich einstecken, damit Du schneller Nachricht hast. Dir alles Liebe und herzliche Grüße von

Deiner Mutti

Liebe Bärbel!

Wegen des starken Regens bin ich doch nicht zur Sauna und zum Schwimmen gegangen, sondern schreibe Dir noch ein paar Zeilen. Herzlichen Dank für Deine liebe Karte und für den guten Tropfen, der mir sehr gut schmeckt. Ich gönne es Mutti ja, daß sie von Dir verwöhnt worden ist, aber das Ende meines „Waisendaseins“ ist ganz angenehm. Am letzten Wochenende war Rosemarie aus Naumburg zu Besuch. Wir unternahmen am Sonntag einen Gang durch Alt-Erfurt und besuchten abends ein Barockmusik-Kammerkonzert. Am Sonntag trübten zwar Regengüsse unsren iga-Spaziergang, aber wir ließen uns nicht entmutigen. – Besten Dank für Deine Mithilfe beim Kauf des hübschen T-Shirt.
Lasse es Dir weiterhin gut gehen und sei herzlich gegrüßt von
Deiner
Marianne

 

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