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Brief (Transkript)

Ute B. aus Ulm an Annegret S. nach Ost-Berlin am 21.01.1989

 

21.1.89

Meine liebe Anne!

Heute haben wir zu Hause ein ganz ruhiges, gemütliches Wochenende – meine Mutti und ich, denn Jork ist wiedermal auf großer Reise. Natürlich geht’s nicht ganz immer in Harmonie, manchmal kläffen wir auch. Ich habe ja wirklich eine liebe Mutti, ich weiß, aber sie will mich immernoch erziehen, Du kannst es Dir vorstellen?
Ich möchte mich bei Dir herzlich für Deine lieben Weihnachtsgrüße mit dem schönen Strohstern bedanken und auch für den langen Brief vom Januar mit den netten Fotos. Zu unserer Bergtour mit O.M. hatte Jork auch einen Fotoapparat dabei – ich weiß es – aber er findet den Film nicht mehr und behauptet, er hätte nicht fotografiert. Schade, man kann nichts machen, gesehen habe ich auch nie Bilder. Meist findet sich ja alles wieder, aber … Deine Bilder sind jedenfalls sehr gelungen, und alle seid Ihr gut getroffen! Wie gut, daß ich Deinen Brief noch mal gelesen habe, bitte gib Pimpi das Kompliment weiter. Ich lege die Fotos wieder dem Brief bei.
Was wird wohl mit Deinem Auto werden? Geht es noch bis zum Frühjahr zu reparieren? Oder lohnt das nicht? Ich hatte neulich auch mal Pech, eigentlich lohnt es sich gar nicht, darüber zu reden. Ich bin an der Ampel einem draufgefahren, weil der nochmal bei „grün“ gebremst hat. Bei mir war nur das Nummernschild verknittert, das andere war mehr. Aber, da Jork ja fast immer den Dienstwagen benutzt, haben wir „nur“ 1 Auto und deshalb wird eben dann doch über meine Fahrkünste geredet.
An den Weihnachtstagen waren wir mit Mutti allein zu Hause, an Silvester kam die Schwiegermutter noch dazu, und anschließend waren wir ein paar Tage im Allgäu. Dort gab’s zwar keinen Schnee, aber bei herrlichem Sonnenschein konnten wir gut und ausgedehnt wandern, was mir ja viel besser gefällt. Mal sehen, wann diesmal der Schnee kommt. Vor 2 Jahren war’s am 28. Jan. zu Onkel Herrmanns Geburtstag – danach trafen wir uns – und letztes Jahr war es hier zumindest am 1. März ganz schlimm. – Ich staune immer, wie gut mit Dir das Telefonieren klappt. Mit Leipzig ist das schier unmöglich und noch schlecht verständlich. Mutti versucht es da immermal und ist erzürnt, wenn die Finger wehtun, und sie nichts erreicht hat. – Wie ich ja schon sagte, kommt das Raclette aus der Schweiz. Dort ißt man es spartanisch einfach: Käse, Kartoffel, saure Gurke, saure Zwiebel. Man bestellt eine Portion, dann die zweite, dritte bis man satt ist. Meist schafft man gar nicht viel. In Saas Fee gab’s zur 1. Portion 1 Kartoffel, zur 2. Portion 2 Kartoffeln und weiter kam man nicht. In Zermatt stellten sie gleich eine Schüssel Pellkartoffeln dazu. Wir braten im Käsetiegelchen oft noch Wurst, Schinken oder Obst mit. Junge Leute entwickeln dabei ungeheure Eßlust. Ich wünsche Dir jedenfalls gutes Gelingen u. guten Appetit! Nun laß Dir nachträglich noch ein gutes, gesundes neues Lebensjahr wünschen u. sei vielmals gegrüßt von Deiner Ute.

 

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