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Brief (Transkript)

Herbert aus Lauenburg/Elbe an Walter G. nach Kirchheim am 08.11.1957

 

Lauenburg, den 8.11.57

Lieber Walter!
Am 5.11. sind wir nun endlich umgezogen. Nach 4½ Jahren Lagerleben haben wir nun unsere erste gute Wohnung. Du kannst Dir vielleicht vorstellen, wie froh wir alle sind. Nun brauche ich nicht mehr täglich mit dem Bus zu fahren. Und unsere Kinder haben nun eine andere Umgebung. Ein wenig formt die Umgebung ja auch den Menschen. Da wird diese schöne Wohnung auch einen guten Einfluss auf die Kinder ausüben. Solch ein Umzug bringt ja viel Aufregung und Arbeit mit sich. Am schlimmsten hatten es aber die Kinder. Für sie war es ein ganz besonderes Ereignis. In der neuen Wohnung bestaunen sie alles. Sie haben ein Zimmer zum Spielen, in dem allerdings auch Waltraud schläft. Die Zwillinge können jetzt auch alleine schlafen. Der besondere Anziehungspunkt bildet aber das Bad mit Toilette und Waschbecken. Wenn wir Traudi in der Wohnung suchen, ist sie meistens im Badezimmer zu finden. Wasser hat doch eine besondere Anziehungskraft für Kinder.
Jetzt lernt man eine gute Wohnung zu schätzen. Für meine Frau ist die Hausarbeit hier auch leichter. In der Küche haben wir fließend Wasser und einen kombinierten Gas-Kohleherd. Im Lager mußte sie das Wasser immer vom Hausflur in die Küche schleppen. Im Lager gab es auch keinen Gasanschluß. Auch die Reinigung des Fußbodens ist hier bequemer. Im Haus ist auch eine gute Waschküche. Im Lager hat meine Frau dagegen die gesamte Wäsche in der Küche waschen müssen. Doch nun schwärme ich nur von meiner Wohnung und schreibe nicht einmal unsere neue Anschrift: Sie lautet jetzt: Lauenburg/Elbe [Straße und Hausnummer].
Vielleicht kannst Du uns bald einmal besuchen. Hier wage ich eher jemand einzuladen als in unsere bisherige Behausung in der Baracke. Traudi ist manchmal ganz traurig, dass sie ihren Patenonkel noch nicht kennt.
Wie geht es Dir, lieber Walter? Wo arbeitest Du nun? Doch nun will ich schließen; denn ich habe hier zunächst noch viel zu tun.
Grüße bitte Deine Braut und Deine Eltern recht herzlich von uns.
Nun sei Gott befohlen und herzlich gegrüßt von den Zwillingen, meiner Frau und selbstverständlich ganz besonders von Traudi und von Deinem Herbert.

 

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