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Brief (Transkript)

Ditmar H. aus Halle/Saale an Familie L. nach Frankfurt/Main am 04.06.1978

 

Halle (Saale), den 4.6.78

Liebe Eltern!

Nach langem möchte auch ich ein paar Zeilen an Euch schreiben.
Wir sind gerade vom Baden gekommen. Die Kinder sind nach dem Abseifen und Essen wohlig eingeschlafen. Bei dem herrlichen Sommerwetter sind wir schon den zweiten Sonntag auf den Pulverweiden zwischen Halle und Halle-Neustadt gewesen. Jeder hat jetzt ein Fahrrad, und so sind wir in einer Dreiviertelstunde dort. Der Kanal ist 1939 nicht zu Ende gebaut worden, die [?] der einzelnen Stücke fehlen. Das Wasser ist von der Tonerde entsprechend, aber es ist hier herrlich grün und angenehmer als in den überfüllten Freibädern in der Stadt.
Am 28. Juni fahren wir nach Wismar zur Hochzeit meiner jüngeren Schwester Heidrun, die am 29. stattfindet. Anschließend machen wir Urlaub in einem 12 km entfernten Dorf an der Küste, wo wir schon voriges Jahr waren. Den Urlaub haben wir wegen der Reisekosten mit der Hochzeit verbunden. Eigentlich wollten wir dieses Jahr in die Sächsische Schweiz. Hoffentlich haben wir in diesem Jahr mit dem Ostseewetter mehr Glück.
Sonst läuft alles bei uns. Die Kinder haben den Wechsel von Gudrun ins Arbeitsleben gut mitgemacht. Margund wird ab September auch in eine 3. Klasse mit erweitertem Russischunterricht gehen, nicht in dieselbe Schule, wo Lienhard ist. Wir hatten uns darum beworben, weil Disziplin und Unterricht ohne Ausfall dort besser sind. Lienhard fühlt sich dort ganz wohl.
Meine Mutter wird Euch sicher einiges erzählt haben, obwohl sie vieles nicht weiß, weil wir uns leider zu wenig sehen. Nach Halle ist es ihnen zu weit, und wir fahren schon, so oft es geht. Nun war Mutter doch noch zu einem Kurzbesuch bei Euch. An dem Tag hatte sie uns ein Briefchen geschrieben. Es freut uns, daß das noch geklappt hat.
Deinen 70. hast Du, lieber Mutter, hinter Dir. Wenn er auch anstrengend für Dich war, ist er dennoch sicher schön gewesen. Nun wünschen wir Dir, lieber Vater, einen schönen Geburtstag! Ja, auch wir staunen darüber, wie die Zeit vergeht. Wir rücken in die Lebensmitte, spüren unsere Elternrolle immer bewußter, und unsere Eltern werden alt. Der größte Wunsch für Euch kann nur die größtmögliche Erhaltung der Gesundheit sein und viel Freude zwischen den Generationen, von den Großeltern bis zu den Enkeln.
Nach dem Besuch der Saarbrückener können wir sagen, daß wir uns alle persönlich kennen. Und das ist für uns hier so viel und so wichtig. Auf jeden Besuch freuen wir uns. Es wäre schön, wenn Ihr wieder könnt. Das persönliche Gespräch bleibt unter uns, während ein Brief heutzutage immer mehr Mitleser bekommt oder sogar wegkommt. Siegfried und Bärbel werden Euch an Mutters Geburtstag von den Postpannen erzählt haben.
Mit Onkel Otto ist der persönliche Kontakt seit meinem Weggang von Berlin unterbrochen. Doch denken wir, daß er auch einmal wieder nach Halle kommen wird.

Nun wünschen wir Euch schöne Geburtstagsfeiern von Papa und Doris! Bleibt schön gesund! Dir, Mutter, nicht so viele Schmerzen!
Vor unserem Urlaub Ende dieses Monats kommt bestimmt noch ein Brief von uns. In den Ferien werden die Kinder Euch Ansichtskarten schreiben.
Viele liebe Grüße, auch von Gudrun, Margund und Lienhard,
Euer Ditmar

 

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