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Brief (Transkript)

Ditmar H. aus Halle/Saale an Familie L. nach Frankfurt/Main am 14.07.1974

 

Halle, den 14.07.1974

Liebe Eltern!

Als wir am Dienstag gegen 18.30 Uhr unser Hochhaus betraten, konnten wir mit den Wohnungsschlüsseln die Geburtstagskarte für Margund von Euch in Empfang nehmen. Der Brief von Dir, liebe Mutter, kam einen Tag später, von Falkensee umgeleitet. Vielen Dank für Deine ersten Zeilen nach Halle.
Leider ist der Inhalt nicht erfreulich. Natürlich sind wir traurig, daß Ihr nicht kommen könnt. Doch dies wird überschattet von unserer Sorge um Dich, liebe Mutter. Die Gesundheit geht vor alles. Und wenn ärztlicherseits von einer Reise abgeraten wird, braucht darüber nicht hin- und hergeredet zu werden. Wir halten die Daumen und hoffen stark, daß Du diese Schwächewelle schnell überstehst. Wenn Du, lieber Vater, Urlaub hast, wird mehr Ruhe einkehren, die so nötig ist. Alles Nebensächliche sausen lassen und abschalten!
Den Kindern haben wir von Eurem Nichtkommen nichts gesagt und werden versuchen, solange wie möglich darüber zu schweigen. Sonst halten wir das bei unserm Räumen und Einrichten nicht aus.
Seit Mittwochfrüh, da wurden unsere Möbel ausgeladen, räumen und rackern wir in unserer neuen Wohnung. Das Wohnzimmer ist fertig eingeräumt. In den beiden Kinderzimmern fehlen noch einzelne Möbelteile zu kaufen. Und das Schlaf-Arbeits-Zimmer ist bis auf die vom Wohnzimmer übriggebliebenen Anbauteile noch leer. Wir haben alle alten Möbel in Falkensee verkauft und richten dieses Zimmer neu ein. Das ist bei uns bei der Versorgung nicht sofort möglich. So ist die Wäsche und sind alle Bücher noch in Kartons auf dem Balkon. Doch das regt uns nicht auf, denn wir haben ja Ferien und somit Zeit. Was uns nervös macht, ist, daß es in dieser Großstadt keine Gardinenkästen gibt. Die Gardinen haben wir fertig genäht für alle Räume mitgebracht. Am Montag ziehen wir wieder alle Vier auf Suche durch die Läden los.
Die Kinder haben keine Schwierigkeiten beim Einleben. Sie nehmen alle noch zeitweisen Unannehmlichkeiten in Kauf. Lienhard fährt am liebsten alleine mit dem Fahrstuhl. Und Margund ist mit ihrem Puppenwagen mitten unter den Mädchen.
Nun, Ihr beiden Lieben, gönnt Euch viel Ruhe. Lebt die Urlaubstage für Euch und besinnt Euch auf das Leben. Und du, liebe Mutter, reibe Dich nicht mehr für Besuche auf und mache erst einmal im Haushalt nur das Nötigste. So wird die Gesundheit sich wieder finden. Jetzt sollten die Kinder für Dich da sein. Wir können nicht mehr, als Dir in Gedanken von Herzen gute Besserung zu wünschen.

Seid ganz lieb gegrüßt von
Gudrun und Ditmar
und innig geküsst von
den Enkeln Margund und Lienhard

 

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