Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM

Brief (Transkript)

Frau W. aus Ost-Berlin an Christine M. nach Elmshorn am 28.06.1990

 

Berlin, 28.6.90

Liebes Frl. M.!

Zuerst Dank für Ihren Brief und die schöne Urlaubskarte. Ihr Urlaub, so hoffe ich war schön und erlebnisreich denn er ist doch die schönste Zeit des Jahres. Bei uns dagegen herrscht allerorts Chaos. Unser Leben war in den letzten Wochen sehr, sehr anstrengend unsere Nerven sind sehr strapaziert. Wir hoffen sehr daß sich bald etwas bei uns ändert zu unseren Gunsten. Bis jetzt herrscht Unordnung, Unsicherheit, Rechtlosigkeit. Unrat wohin man sieht. Unser Alltag verläuft zZ. erschreckend. Die meisten Menschen wissen noch nicht wie es in ihren Betrieben weitergeht. nur einzelne Werke sind und haben sich abgesichert und vor allem unsere derzeitige Regierung hat sich geldlich hervorragend abgesichert dies hat eine Menge Ärger und Aufregung unter der Bevölkerung verursacht und wenn sich nichts ändert zu Gunsten der Mehrheit so geht es wieder auf die Straße und daß kann schlimm werden. Den vielen vollmundigen Reden sind sehr wenige Taten gefolgt. Das Hin und Her der Parteien sagt nur aus daß sie nur an sich und ihren Reichtum denken, das Volk ist ihnen egal. Die PDS ist sehr aktiv sie sitzen noch überall an den leitenden Posten und denken garnicht daran diese frei zu machen. Wir denken und sagen, daß solange die sogenannte DDR noch besteht, mit dieser jetzt bestehenden Regierung die den derzeitigen Aufgaben nicht gewachsen ist wird sich für uns nicht viel ändern. Wir wünschen uns baldige Einheit gesamt deutsche Wahlen mit der 5%gen Klausel um endlich Recht und Ordnung zu bekommen. Nur noch 2 Tage bis zur Geldumstellung und es beginnt für uns eine neue Lebenserfahrung und es wird sich zeigen ob es uns besser gehen wird, oder ob wir nach 40 Jahren Arbeit als Sozialempfänger enden werden, unsere mühsam zusammen getragenen Ersparnisse schrumpfen zusammen so daß wir 20 Jahre umsonst gearbeitet haben. 40 Jahre unseres Lebens sind ohne große Freuden, eingemauert von der Welt abgeschottet sehr triste verlaufen sehr traurig. Aber was kommt nun? Sehr gerne denke ich an die Tage bei Ihnen zurück es war sehr schön. Der wunderschöne Ausblick über die Stadt Lübeck ist mir stets vor Augen es war ein herrlicher Tag. Ich zehre von der Zeit bei Ihnen. Nun aber wieder zum Alltag es geht auf die Suche nach Brot fürs Wochenende es wird schwer sein welches in den leeren Kaufhallen zu bekommen, dann ade du nutzlose DDR Mark eine neue Zeit bricht an drücken Sie uns die Daumen daß es besser gehen wird.

Dank für alles
herzlichst Fam. W.


Grüße an Ihre lieben Bekannten

 

top