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Brief (Transkript)

Frau W. aus Ost-Berlin an Chrsitine M. nach Elmshorn am 02.10.1987

 

Berlin, den 2.10.87

Liebes Frl M.!

Möchte mich ganz herzlich für Ihren Brief bedanken. Wir freuen uns immer sehr etwas von Ihnen zu hören. Viel hat sich in den letzten Wochen zu getragen. Privat hatten wir zwar Urlaub aber dieser war nicht sehr erfreulich. Einmal war das Wetter schlecht zum anderen haben wir meinen Vater am 29.9. zu Grabe getragen. Am 11.10. wäre er 82 Jahre alt geworden. Ein sehr schönes Alter. Und trotz allem es war sehr schwer diesen Tag zu bewältigen. Ist doch wieder eine Bindung zu Ende gegangen. Aber das Leben geht weiter. Ansonsten geht es uns soweit gut. Unser Enkel macht uns viel Freude bloß ist die Zeit so knapp um uns mit den schönen Dingen des Lebens zu befassen.
Der von Ihnen angesprochene Besuch in der BRD wurde von uns ausgiebig verfolgt. Wir sind der Meinung daß der Mann dort ganz schön hochgespielt wurde und wie ein König behandelt wurde. Viel zu viel Aufwand wurde für diesen Verbrecher getrieben. Vieles was er dort gesagt hat wird nie eintreten, denn dann müßte er und seine Genossen abtreten und wer will das schon wenn er an der Macht ist. Gerade die, die angeblich so gekämpft haben gegen Faschismus und Sonstiges haben sich in den 40 Jahren alle Vorteile die es hier im Lande gab zu 100% angeeignet, für Sie ist alles da und sie dürfen alles. Für den kleinen arbeitenden Menschen aber fallen nur Brocken ab. Und das viele Geld was sie aus der BRD aus allen möglichen Quellen herausschlagen verbrauchen sie doch zum überwiegenden Teil für sich für den Sport, für Agenten und für den Staatssicherheitsdienst. Die wenigen Leute die eine Reiseerlaubnis erhalten erhalten wie sie ja wissen 15,- Mark Ein Hohn! Wir alle hier sind der Willkür dieser Leute ausgeliefert. Ohne Erlaubnis dürfen wir nichts. Es ist von der Wiege bis zu Bahre alles vorgeschrieben. Nach Außen tun diese Herrn so als ob sie die Menschrechte einhalten aber bei weitem es ist nicht so. Der Westen fällt immer noch auf solche Phrasen herein. Wenns nach uns ginge, müßte der Westen bestimmte Geldmittel nur bewilligen und festschreiben auf bestimmte Objekte wie Umweltschutz, Ausbau von Straßen und das aller Wichtigste Entschwefelungsanlagen für unsere Braunkohle. Wenn daß nicht eingehalten wird dann Geldhahn zu drehen, sonst wird das nichts das Geld wird wieder von unseren oberen 10000 verplembert. Sehen Sie das ganze Jahr feiern unsere Obersten schon, ständig laden sie sich Gäste ein. Die Tische biegen sich voller Köstlichkeiten, dort ist alles vorhanden und das ist nicht auf unseren Mist gewachsen, das können sie glauben. Und für uns bleibt nicht viel und da fehlt es an vielem. Viele Ungereimtheiten, ich könnte noch vieles aufschreiben, aber das würde nichts ändern, man muß das Beste daraus machen. Wenn ich im Fernsehen die Krawalle in Bln. Kreuzberg beobachte, dann frage ich mich immer, haben diese Leute nicht andere Möglichkeiten, ihre Probleme die sie ja sicher haben zu lösen, als alles kaputt zuschlagen, denen möchte ich sagen ich würde gerne mit ihnen tauschen um endlich einmal in meinem Leben eigene Entscheidungen treffen zu können, einmal einkaufen zu können ohne anzustehen nicht nach Luxusgütern nein nur nach einfachen Dingen denen man bei uns immer noch nachjagen muß. Das wäre mein Wunsch, aber ich glaube das werde ich nicht mehr erleben. Das Einzige was man bei uns kann ist leise träumen von schönen Dingen. Aber was hundert Prozent erlaubt ist hart arbeiten und warten bis wieder einmal ein paar gute Krümel von großen Kuchen abfallen für die man die Großen dann täglich loben soll wie gut und human sie doch sind. Doch das Leben geht seinen Gang und da müssen wir durch.

Ihnen und Ihrer Familie alles Gute
Gesundheit und Wohlergehen
Herzlichst aus Berlin

 

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