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Brief (Transkript)

Klaus aus Gauting an Volkmar S. nach Eisenach am 25.06.1989

 

Gauting, 25.6.89

Liebe Waltraud, lieber Volkmar,
liebe Anke,
nach vielen turbulenten Wochen wird es bei uns nun glücklicherweise etwas ruhiger. Sabine hat heute Bereitschaftsdienst, und wir sind damit ans Haus gebunden, so möchte ich die Zeit nutzen, um endlich meine Briefschulden abzutragen.
Zunächst vielen Dank für Deinen Brief vom 14.5., lieber Volkmar, und für den Kartengruß aus dem Saaletal. Es ist kaum zu glauben, daß die gemeinsamen Tage nun schon sieben Wochen zurückliegen.
Wir haben in der Zwischenzeit Muttis Zimmer im Altersheim eingerichtet. Ulli hatte für den Transport der Möbel einen Mercedes-Kastenwagen gemietet. So ließ sicher der Umzug der großen Teile (Schrank, Sofa, 2 Elemente des Bücherschranks usw.) in einer Samstagsaktion bewerkstelligen.
Am 1.6. bin ich mittags nach Trondheim geflogen um Mutti abzuholen. Sie hat dort sehr schöne Wochen verlebt, weil Ingrid ihre Arbeit so legen konnte, daß sie meistens am Vormittag, wenn unsere Mutter aufwachte, schon wieder zu Hause war. – Wir konnten in den Tagen die anstehenden Probleme detailliert besprechen. Oft haben wir bis in den frühen Morgen zusammengesessen.
Mir ist das Zeitgefühl in den Tagen etwas abhanden gekommen, weil es nicht dunkel wurde. Es war auch schön, die Kinder einmal wiederzusehen. Hans-Erik und Inga-Lill sind inzwischen dem Kleinkinderalter entwachsen und beginnen sich zu kleinen Persönlichkeiten zu entwickeln. Ingmar verwöhnte uns mit seinen Fischkochkünsten, außerdem wurden mir auch einige kleine Spazierfahrten u-gänge in der Heimdaler Umgebung geboten. Es war noch recht frühlingsmäßig kühl. Die Vegetation war gegenüber uns um ca. 4 Wochen zurück. Am Sonntagnachmittag (4.6.) starteten wir zum Heimflug. Sabine empfing uns um 22 Uhr am Münchner Flughafen.
Am 5.6. haben wir beide nachmittags unsere Mutter in die [Straße] gebracht. Seither lebt sie sich dort ein, was allerdings nicht problemlos abläuft.
Schon einen Tag nach ihrem Einzug hat sie sich bei einem Spaziergang verlaufen und wurde, da sie ihre Anschrift nicht kannte, bei der Polizei abgegeben. Dort holte sie Waltraud ab. Die Folge dieses Mißgeschicks ist, daß sie nun nicht mehr allein auf die Straße gelassen wird. Glücklicherweise haben sich zwei alte Damen aus dem Heim ihrer angenommen und begleiten sie täglich beim Spazierengehen. Dadurch ist sie nicht nur von unseren Besuchen abhängig, denn wir können natürlich nicht jeden Tag bei ihr sein.
Die Wohnungsauflösung ist voraussichtlich am kommenden Wochenende abgeschlossen. Leider müssen wir sehr viele Sachen aus Platzgründen weggeben. – Doch nun erst einmal die neue Adresse unserer Mutter [Straße und Hausnummer], 8000 München 50. Im Laufe der nächsten Woche bekommt sie auch Telefon.
Vom 22. bis 26.5. haben wir einen kleinen Kurzurlaub zu einem Besuch in Göttingen genutzt. Auf der Fahrt dorthin hatten wir nun zum ersten (und letzten) Mal mit unserem Wagen eine Panne – der Kühlwasserschlauch platzte. Wir konnten gerade noch von der Autobahn bis Schweinfurt fahren und fanden dort kurz vor Feierabend noch einen Schnelldienst, der uns abschleppte und den Schaden provisorisch behob, so daß wir am späten Abend doch noch ans Ziel kamen. Am folgenden Tag streikte der Anlasser. Auch diese Reparatur wurde bis zum Mittwochnachmittag ausgeführt, aber unser Urlaubsprogramm war doch empfindlich gestört. Am Donnerstag fuhren wir wieder gen Süden. Mittags blieben wir einige Stunden in Kassel, besichtigten dort die Gemäldesammlung (Rembrand) im Schloß Wilhelmshöhe und bewunderten die herrlichen Rhododendronstauden im Schloßpark. Anschließend ging es weiter nach Bamberg, wo wir übernachteten. Die Stadt hat ihren mittelalterlichen Kern bewahrt. Besonders eindrucksvoll ist der Domberg mit dem renovierten Dom und der Alten und Neuen Hofhaltung. Am anderen Tag ging es über Kloster Banz, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, eines der Hauptwerke von Balthasar Neumann, das übrigens von einem weimar-eisenachischem Landbaumeister gebauleistet wurde, nach Kulmbach. Hier besichtigten wir die Plassenburg, eine eindrucksvolle Festung mit einem wunderschönen Renaissance-Innenhof und einem großartigen Zinnfiguren-Museum. Gegen Abend trafen wir wieder wohlbehalten in Gauting ein.
Katrin, die in der gleichen Woche an einer Musikfreizeit in der Nähe des Chiemsees teilgenommen hatte, traf am Tag darauf strahlend wieder ein. Eine noch strahlendere Mucki konnten wir am 31.5. in die Arme schließen. Mit Cowboyhut, Cowboystiefeln und einem großen Gepäckberg, in dem sich u.a. eine Transportkiste mit einem kleinen weißen Kaninchen befand, nahmen wir sie am Flughafen in Empfang. Offensichtlich haben ihr die acht Wochen in Californien sehr gut getan. Sie ist reifer und selbstbewusster geworden.
Das letzte große Ereignis spielte sich in der vergangenen Woche ab. Am Mittwoch übernahm ich unseren neuen Wagen, abends wurde der alte von seiner neuen Besitzerin abgeholt. (Vor zwei Wochen gab es mit ihm nochmals Ärger. Die Kupplung zeigte erste Schwächen. Bei der Durchsicht in der Werkstatt wurde festgestellt, daß offensichtlich ein Marder den neuen Kühlwasserschlauch und die Schutzmanschetten der Antriebswellen angenagt hatte) –
In einem Monat beginnen die großen Ferien. Wir wollen in der ersten Ferienhälfte zwei drei Wochen gemeinsam mit den Kindern in den Urlaub reisen. Die Diskussionen über das Ziel sind noch im Gange. Sabine und ich wollten gern eine Radtour in heimatlichen Gefilden machen. Die Sprösslinge zieht es nach Skandinavien – der Kanuurlaub in Schweden ist immer noch in bester Erinnerung.
Das wär’s für heute.
In der Hoffnung, daß auch Ihr eine schöne und erholsame Urlaubszeit verleben könnt, grüßt Euch sehr herzlich
Euer Klaus und Familie.

 

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