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Brief (Transkript)

Karin K. aus Ludwigsfelde an Ingrid K. nach West-Berlin am 26.02.1976

 

Ludwigsfelde, den 26.2.76

Liebe Ingrid!

Ich will heute endlich mal wieder was von mir hören lassen, sonst denkst Du noch, mich gibt es gar nicht mehr.
Ekki kommt ja nun bald von seinem Reservistendienst wieder. Ich habe in der Zeit ziehmlich viel Trubel zu Hause gehabt. Ich habe nämlich die Gasheizung eingebaut bekommen, und das hat sich fast über 6 Wochen hingezogen. Nun hat mir mein Schwiegervater gleich als sie endlich installiert war den Ofen rausgerissen. Ich kann Dir sagen, das war schlimmer als ein Umzug. Der Dreck, das kann man gar nicht beschreiben. Aber nun ist Gott sei Dank alles fertig. Gabi hat mir anschließend die Wand tapeziert, denn der Ofen war direkt an die Wand gebaut. Die sah natürlich schrecklich aus. Wenn wir jetzt Jahresendprämie bekommen, das ist etwa so, wie euer 13.Monatsgehalt, dann wollen wir uns eine Cauchgarnitur kaufen. Ich war gestern in Berlin und habe mich mal umgesehen, aber es gab nichts was mir gefallen hätte. Ich habe mir jedoch vorgenommen solange zu suchen, bis mir etwas 100%ig gefällt, und wenn es auch vorläufig dann nichts wird. Man muß einfach Glück haben und dazu kommen, wenn sie kurz vorher Ware bekommen haben, sonst ist da nichts drin. Als wir voriges Jahr mit Ekki in Berlin waren und leider noch kein Geld hatten, da hat uns auf Anhieb etwas gefallen, aber diese Garnitur war leider schon verkauft und so tat es uns nicht allzu leid. So langsam muß unsere Wohnung nun auch wohnlich werden. Weißt Du, solange man nicht die Möglichkeiten hat etwas zu stellen, denn in unserer alten Wohnung standen ja die großen Liegen im Wohnzimmer, da nimmt man es nicht so tragisch, aber jetzt möchte ich es doch gemütlich haben, nach 7 Jahren Enge.
Der Mann, der mir die Löcher für die Rohre der Gasheizung gestemmt hat, hatte versehentlicherweise im Keller meiner Nachbarin das Wasserrohr angestemmt. Jetzt lief das Wasser bei Ihr in den Keller. Es war ein Krampf jemanden zu bekommen, der mir das repariert hat, denn die Nachbarin ist alt und wohnt im 4.Stock, und sie mußte nun laufend in den Keller und die Wanne auskippen, mit der sie das Wasser aufgefangen hatte. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie peinlich mir das war, aber ich konnte es ja nicht ändern. Seit diesem Montag ist nun alles in Ordnung, und ich kann m ich endlich meiner herrlich warmen Wohnung erfreuen. Es ist gar nicht zu beschreiben, wie schön es ist, wenn ich abends nach Hause komme, und es ist warm ist und ich brauche mich um nichts mehr zu kümmern. Vor allen Dingen kann ich die Temperatur einstellen, wie ich will, was wir ja in unserer ehemaligen Zentralheizungswohnung nicht konnten. Da konnte man eben nur die Tür aufmachen, was im Winter nicht immer angenehm war. Wenn der Ekki jetzt kommt, dann ist alles vorbei, aber so ging es mir damals auch, als er bei der Armee war, und wir in unsere erste Wohnung gezogen sind. Ich habe hochschwanger den ganzen Umzug und die Einrichtung der Wohnung allein gemacht. Es war auch jetzt ganz schön hart, denn erst mal alles heranzuschaffen das will bei uns schon was heißen, und ich hätte manchmal den Mut verloren, wenn ich nicht jemanden gekannt hätte, der über ein paar äußerst wichtige Beziehungen verfügt hätte. Aber genug gejammert, jetzt ist alles ausgestanden, und Ekki wäre sicherlich auch lieber zu Hausse gewesen und hätte mitgeholfen, als dort zu sein. Am 1. März gehe ich mit meiner Freundin nach Potsdam zum Rosenmontag. Ekki paßt das nicht so recht, aber ich muß mich einfach mal ein bisschen entspannen und mal unter Leute kommen, sonst fällt mir die Decke auf den Kopf.
Jana habe ich an Schwiegermutti „verkauft“. Ich habe sie direkt angesprochen, ob sie Jana nicht mal in den Ferien für eine Woche nehmen kann. Denn wenn sie in den Hort geht muß sie um 5,30 Uhr mit mir aufstehen, und das fiel ihr die erste Woche so schwer und sie sollte sich auch mal richtig ausschlafen. Gabi hatte auch Ferien und so haben sie sie zwei Wochen behalten. Allerdings ist sie das Wochenende bei mir. Weißt Du, Jana ist jetzt in dem Alter, wo sie keine Schwierigkeiten mehr macht und Schwiegermutti hat ja überhaupt kaum gewußt, daß sie ein Enkelkind hat, denn wir waren sehr selten dort und über mehrere Tage hatte sie sie in den letzten Jahren noch nie. Nun kommt sie an diesem Wochenende wieder zu mir, die zwei Wochen sind um und am Montag beginnt ja auch wieder die Schule. Ja liebe Ingrid, das wäre im Augenblick alles, was es bei mir neues gibt. Ich hoffe ja sehr, daß es doch mal einen Moment gibt, wo Du Dich aufraffen kannst mir zu schreiben. Ich würdemich wie immer sehr freuen. Überlegt Euch doch auch mal, ob es dieses Jahr zum Beispiel im April oder Mai nicht mal was werden kann mit einem Besuch bei uns. Grüße bitte Peter recht herzlich und auch Boris. Jana hat ja nun im Februar ihr erstes Zeugnis gebracht. Ich war ja sehr erfreut. 4 Zweien und 10 Einsen, keine Drei. Es wird jedoch bestimmt nicht so bleiben, wenn die Anforderungen steigen.

Viele liebe Grüße sendet Dir
Deine Karin

 

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