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Brief (Transkript)

Karin K. aus Ludwigsfelde an Ingrid K. nach West-Berlin am 11.04.1975

 

11.4.75

Liebe Ingrid!

Ich hatte ganz stark gehofft wenigstens zu Ostern ein paar Worte von Dir zu hören. Bist Du etwa krank? Ich hoffe doch nicht! Oder wart Ihr über die Osterfeiertage verreist? Wir waren brav zu Hause und haben uns ein wenig erholt, so gut es in den wenigen Tagen möglich war. Jana sagte uns: „Einen Osterhasen gibt es ja sowieso nicht, das seid Ihr ja bloß“. Wir sind dann im Wald spazieren gegangen und haben ab und zu hinter den Sträuchern was versteckt. Als sie es fand rief sie ganz überrascht und erstaunt: „es gibt ja doch einen Osterhasen.“ Wir haben uns sehr über sie gefreut. Sie war so herrlich sorglos und glücklich.
Ich habe es jetzt auch endlich geschafft. Ich schrieb Dir doch im letzten oder einem der letzten Briefe, daß ich mich beruflich verändern will, und daß mein Abteilungsleiter mich nicht wegläßt. So ging ich zu unserer Konfliktkommission (Vorstufe vom Arbeitsgericht). Es hat aber für mich keinen Erfolg gebracht. Dann machte ich eine Eingabe bei unserer Betriebsgewerkschaftsleitung und beim Werkleiter. Ich wandte mich auch an die Vorsitzende vom Frauenausschuß in unserem Betrieb. Sie setzte der Betriebsgewerkschaftsleitung die Pistole auf die Brust. Entweder es geschieht in kürzester Zeit etwas und es kommt zu einer Einigung, oder sie bringt die Sache in unsere Frauenzeitung und rollt den Fall genau auf. Ich glaube das brachte den Stein ins Rollen. Unsere Direktoren von meinem Bereich, wo ich jetzt arbeite und von dem wo ich hinwill, setzten sich zusammen und haben sich geeinigt, daß ich am 1.9.75 auf meine neue Stelle kann. Die neuen Kollegen tun mir zwar leid, denn sie warten sehnsüchtig auf mich und stecken bis zum Hals in Arbeit, aber ich kann es nicht ändern. Dieses alles ging von Anfang Januar an und hat mich sehr viel Nerven gekostet, denn dieser Posten ist sehr lukrativ und bietet mir von der Art der Arbeit und finanziell einiges. Es wäre für mich furchtbar geworden (gewesen), wenn es nicht geklappt hätte, denn bei mir (auf meinem jetzigen Arbeitsplatz) habe ich keine Aussichten mal weiterzukommen. Das wäre nun also ausgestanden. Im September klappt es ja dann auch mit der neuen Wohnung. Darauf freue ich mich schon sehr. Das nächste ist nun unsere Reise im Juni-Juli. Ich habe aber auch Erholung und Entspannung sehr nötig. Hoffentlich wird das Wetter bald etwas frühlingshaft, wenn es so ist wie heute, dann hat man auch eine so trübsinnige Stimmung und das ist nichts, wenn man die ganze Zeit gearbeitet hat. Zu Ekkis Geburtstag sind wir nach Berlin in die Komische Oper gegangen und haben uns „Porgy and Bess“ angesehen. Dafür gibt es sogut wie keine Karten. Wir haben sehr viel Glück gehabt und es hat uns auch gut gefallen. Eine Woche später sahen wir dort „Ein Sommernachtstraum“ nach Shakespeare. Die Musik war nicht so nach unserem Geschmack, aber das Bühnenbild war Klasse. So liebe Ingrid, jetzt laß aber wirklich mal ein paar Zeilen von Dir hören, schreib mir mal Deine Tel.Nr von zu Hause und vom Betrieb auf, vielleicht kann ich mal anrufen.
Viele liebe Grüße von
mir und Ekki u. Jana
Herzliche Grüße auch an Boris u. Peter. Karin

 

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