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Brief (Transkript)

Bruno W. aus Bochum an Gerhard D. nach Brandenburg/Havel am 04.02.1990

 

Bochum, den 4/2. 90

Hallo Ihr Lieben!

Nun ist schon ein Monat vorbei, seit Ihr bei uns wart, und was ist inzwischen schon wieder alles geschehen: Eure Kleinstadt von 55000 Einwohnern ist von Ost nach West gezogen und Hans Modrow spricht von Deutschland einig Vaterland! Ich bin ja nun schon einige Male in der DDR gewesen und habe per Augenschein feststellen können, was alles im Argen war, aber was jetzt so nach und nach herauskommt, ist ja schlicht unvorstellbar für uns. Nichts ist in Ordnung, man schätzt den Investitionsbedarf inzwischen auf 500 Milliarden DM-West, eine schier unvorstellbare Summe. Und alle tun heute so, inclusive Herr Modrow, als ob keiner was dagegen habe tun können. Vielleicht ist es ja so gewesen, dann ist es nur um so wichtiger, daß bei den Wahlen am 18. März der ganze Spuk verschwindet. Hoffentlich kommt die SPD nicht ans Ruder, denn das ist ja wohl die Hauptaufnehmerin ehemaliger SED-Leute, denn dann besteht die Gefahr, daß bei den wirtschaftlich absurden Ideen dieser Leute (auch bei uns redet der linke Flügel der SPD ja noch von der zu erstrebenden staatlich gelegten Wirtschaft) die westdeutsche Industrie, die im Prinzip investitionsfreudig ist, es sich doch noch mal überlegt.
Ich habe keine Idee wie die Versorgungslage derzeit bei Euch ist. Wenn es an wichtigen Dingen fehlt, dann schreibt es mir, ich werde gerne auch auf diesem privaten Weg was tun, um zur Besserung beizutragen. Auch kennen wir uns ja lange genug, daß wir über so etwas auch reden können.
Mehrere Briefe mit schönen Marken sind angekommen; Vielen Dank dafür. Einen Wert schicke ich zurück, den brauche ich gestempelt. Im übrigen müssen wir dann mal sehen, daß wir die Sammelgebiete BRD und DDR komplett kriegen, denn wenn alles so läuft, wie wir uns das wünschen, dann werden wir demnächst ohne zu tauschen die Deutsche Republik, den Deutschen Bund, oder wie immer das Gebilde heissen mag, sammeln.
Wir sind soweit alle ok, so ein bischen Grippe ist auch in der Familie gewesen, aber die Köpfe sind noch alle dran. Sehr schön die Nachricht von Carsten. Dann hat er es ja auch bald geschafft. Grüße alle, besonders alles Gute aber Euch beiden
Euer Bruno

Dir, liebe Ilse, alles alles Gute zum Geburtstag. Wir wollten anrufen, jedoch es klappt nicht. Bruno hat sehr lange gewählt. Wir sitzen auch jeden Abend vor dem Fernsehapparat und verfolgen alle Sondersendungen. Jeder Tag bringt etwas Neues. Ist Carsten schon zu Hause? Wahrscheinlich ja, wenn er uns ein paar Tage besuchen möchte, so ist er herzlich willkommen. Wir müssen nur die Zeit absprechen und die Kinder hier haben keine Ferien, also nicht viel Zeit. Das ist sich auch nicht schlimm. Laßt von Euch hören. Alles Liebe, Eure Rosemie

Schreibt mir doch bitte, was Thorsten sich zur Hochzeit wünscht. Bruno hatte schon danach gefragt in einem Brief. Ich habe auch keine Adresse von ihm. Als Ihr hier wart, habe ich vergessen noch einmal danach zu fragen. Das tat mir leid. Es ist schon spät, meine Schrift ist [?], Gute Nacht!!!

 

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