Brief (Transkript)
Jana O. aus Ahlbeck an Siegrid K. nach Fulda am 14.09.1983
Ahlbeck, den 14.9. [1983]
Liebe Mutti!
Heute möchte ich Dir endlich wieder ein paar Zeilen schreiben. Deinen lieben Brief habe ich erhalten und mich sehr darüber gefreut.
Am Donnerstag Nachmittag, ich war gerade vom Fleischer zurückgekommen, kam der neue Ahlbecker Bürgermeister zu uns auf den Hof, und sagte uns bescheid das tags darauf, also Freitag, zum Rat des Kreises Ueckermünde kommen sollten. Gleich morgens um halb acht mit dem 1. Bus mußten wir hin. Auf eine Art ganz gut so brauchte ich wenigstens nicht zur Schule.
Als wir endlich angekommen waren, ließen sie uns mindestens eine ¾ Stunde in der Abteilung für Inneres herumsitzen ehe man uns hereinließ. Dort sagte man uns, daß meine Ausreise nun endlich genehmigt worden sei, man aber noch einige Papiere brauche. Unter anderem gab er mir zuerst 4 Karten die ich ausfüllen mußte. Danach mußte Oma einen Zettel ausschreiben auf dem sie bestätigt, daß ich bei ihr keinerlei Wasser- und Energieschulden habe. Ich mußte einen Zettel ausschreiben auf dem ich bestätige, daß ich weder bei staatlichen Institutionen noch bei Privatpersonen Schulden habe. Außerdem mußte ich eine Stellungnahme schreiben weshalb ich in die BRD ausreisen möchte und meinen Lebenslauf abgeben, zusammen damit auch meine Geburtsurkunde und 2 Paßbilder von mir. Von der Sparkasse Ueckermünde, von der BHG, von der Deutschen Bauernbank in Anklam, von der Versicherung, von der Post in Torgelow, vom Rat der Gemeinde Ahlbeck und von der Staatsbank mußten wir uns abstempeln und unterschreiben lassen, daß ich bei keiner dieser Institutionen Schulden habe. Zuletzt waren wir bei der Staatsbank, die das alles zum Rat des Kreises zurückschikt. Man hat uns gesagt, daß es dort morgen wieder ankommt. Oma und ich müssen morgen auch noch mal hin, um einen Antrag auszustellen in dem ich als BRD-Bürger die DDR verlasse, denn als DDR-Bürger würde man mich unter 60 Jahren ja nicht ausreisen lassen.
Wenn also die Papier morgen von der Staatsbank zurückgeschickt werden und wir den Antrag gestellt haben, sind alle nötigen Papiere beim Rat des Kreises. Sie brauchen nur noch bearbeitet werden. Es hängt davon ab wie lange die sich damit Zeit lassen, wann ich zu Dir darf. – Also, den Brief an Dr. Vogel wollte ich eigentlich Donnerstag abschicken, aber das hat sich ja nun erledigt.
Sobald wir es erfahren schicke ich Dir ein Telegramm mit dem Tag meiner Ausreise und dem Grenzübergang.
So das wars dann für heute. Schreibe mir!
PS: Was findest Du höflicher, wenn ich Dir die Briefe mit der Hand schreibe oder mit der Schreibmaschine?
Liebe Mutti!
Heute möchte ich Dir endlich wieder ein paar Zeilen schreiben. Deinen lieben Brief habe ich erhalten und mich sehr darüber gefreut.
Am Donnerstag Nachmittag, ich war gerade vom Fleischer zurückgekommen, kam der neue Ahlbecker Bürgermeister zu uns auf den Hof, und sagte uns bescheid das tags darauf, also Freitag, zum Rat des Kreises Ueckermünde kommen sollten. Gleich morgens um halb acht mit dem 1. Bus mußten wir hin. Auf eine Art ganz gut so brauchte ich wenigstens nicht zur Schule.
Als wir endlich angekommen waren, ließen sie uns mindestens eine ¾ Stunde in der Abteilung für Inneres herumsitzen ehe man uns hereinließ. Dort sagte man uns, daß meine Ausreise nun endlich genehmigt worden sei, man aber noch einige Papiere brauche. Unter anderem gab er mir zuerst 4 Karten die ich ausfüllen mußte. Danach mußte Oma einen Zettel ausschreiben auf dem sie bestätigt, daß ich bei ihr keinerlei Wasser- und Energieschulden habe. Ich mußte einen Zettel ausschreiben auf dem ich bestätige, daß ich weder bei staatlichen Institutionen noch bei Privatpersonen Schulden habe. Außerdem mußte ich eine Stellungnahme schreiben weshalb ich in die BRD ausreisen möchte und meinen Lebenslauf abgeben, zusammen damit auch meine Geburtsurkunde und 2 Paßbilder von mir. Von der Sparkasse Ueckermünde, von der BHG, von der Deutschen Bauernbank in Anklam, von der Versicherung, von der Post in Torgelow, vom Rat der Gemeinde Ahlbeck und von der Staatsbank mußten wir uns abstempeln und unterschreiben lassen, daß ich bei keiner dieser Institutionen Schulden habe. Zuletzt waren wir bei der Staatsbank, die das alles zum Rat des Kreises zurückschikt. Man hat uns gesagt, daß es dort morgen wieder ankommt. Oma und ich müssen morgen auch noch mal hin, um einen Antrag auszustellen in dem ich als BRD-Bürger die DDR verlasse, denn als DDR-Bürger würde man mich unter 60 Jahren ja nicht ausreisen lassen.
Wenn also die Papier morgen von der Staatsbank zurückgeschickt werden und wir den Antrag gestellt haben, sind alle nötigen Papiere beim Rat des Kreises. Sie brauchen nur noch bearbeitet werden. Es hängt davon ab wie lange die sich damit Zeit lassen, wann ich zu Dir darf. – Also, den Brief an Dr. Vogel wollte ich eigentlich Donnerstag abschicken, aber das hat sich ja nun erledigt.
Sobald wir es erfahren schicke ich Dir ein Telegramm mit dem Tag meiner Ausreise und dem Grenzübergang.
So das wars dann für heute. Schreibe mir!
PS: Was findest Du höflicher, wenn ich Dir die Briefe mit der Hand schreibe oder mit der Schreibmaschine?
