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Brief (Transkript)

Katrin S. aus Sebnitz an Henson S. nach West-Berlin am 09.10.1988

 

9.10.88

Für Dich Henson, in Liebe, Deine Katrin!

Es regnet draußen und Dire Straits stimmen mich total melancholisch. Ich liege nun schon seit Mittwoch zu Hause im Bett oder auf dem Sofa, denn ich kann kaum laufen vor Schmerzen. Ich habe mir nicht den Fuß verletzt, sondern eine üble Grippe seit dem 21.9. spielt mir übel mit. Die Grippe ging ganz schnell weg mit Antibiotika aber nachdem dies alle war, waren wieder Fieber, Gliederschmerzen und heftiges Bauchweh wieder da. Zuerst wollte ich mich selbst heilen mit Tee und Schwitzkuren. Meine Mädels waren ja in der Ernte und so hatte ich ja das Zimmer für mich. Ich durfte dann 3 Tage im Garten der Schule umgraben u.s.w. das hatte ich Dir ja schon alles geschrieben. Am Mittwoch nach der Arbeit konnte ich nicht mehr richtig laufen und wahnsinnige Bauchschmerzen hatte ich ebenfalls. So bin ich nach Hause gefahren und Donnerstag früh gleich zum Arzt. Meine Ärztin unkte gleich was ich denn schon wieder will oder hätte. Nachdem sie mich aber untersucht hatte, war sie merklich ruhiger und nachdenklicher und sagte nur warum ich nicht schon bei der Grippe vor 2 Wochen gesagt hätte das mir der Bauch schmerzt. Ich hab’s auf die Grippe geschoben, denn da tut ja in der Regel alles und überall weh. Ich habe also jetzt eine schöne Eierstockentzündung mit Fieber. Leider konnte mich aber kein Frauenarzt untersuchen, da sie einen Ausflug hatten, und so darf ich da, am Montag, antreten, mit dem eventuellen Erfolg ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. Ich komme mir zur Zeit vor als würde ich jeden Moment ein Kind gebähren. Aber lassen wir die Zeit rankommen. Wenn ich so alleine zu Hause bin denke ich wieder recht oft an unseren gemeinsamen Urlaub und wie schön das war. Das erste mal wo ich richtig traurig war, war als Du im Taxi saßt und mir nicht gewunken hast. Da hätte ich heulen können und die Zeit bis zur Zugabfahrt war für mich auch total belastend. Ich habe mich beim Kaufhaus geradeüber vom Bahnhof auf die Bank gesetzt und die Uhr angestart. Und als es 15.45 war hab ich auf Dein Flugzeug gewartet, aber es war nicht zu hören durch den Straßenlärm. Ich hoffe Du denkst auch noch manchmal an unseren Urlaub und an mich. Warum schreibst Du denn eigentlich nicht mehr? Es bedrückt mich, ich habe Dich doch trotzdem gern, bloß ich konnte Dich nicht lieben, weil ich immer Angst vor dem Versuch habe und hatte die DDR vielleicht mal zu verlassen. Du hast mir manchmal nicht den Raum gelassen zur freien Entscheidung. Oh man, wie kann ich Dir dies alles mal erzählen. Ich habe auch Angst dies zu schreiben wegen meinem Studium. Komm doch bald mal wieder vorbei. Ich halts kaum noch aus ohne mit Dir wieder Freundschaft geschlossen zu haben. Rufe doch endlich mal an oder schreibe, damit ich sehe das Du mir nicht mehr böse bist. In Leipzig kannst Du abends gegen 18.00 – 19.00 im Wohnheim anrufen, da bin ich meist noch zu Hause dort [Telefonnummer] und da mußt Du meinen Namen sagen und die Seminargruppe 88/5 und das Zimmer 151. Ich warte auf jede Antwort und Lebenszeichen von Dir.

Es umarmt Dich ganz lieb
Deine Katrin!

P.S.: Die Glückwünsche zum Geburtstag habe ich freudig entgegengenommen, aber die Überraschung brauch oder muß nicht sein. Ich freue mich zur Zeit nur auf das Wiedersehen mit Dir, das währe Geburtstagsgeschenk genug.

 

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